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Der Goldkeller am Frageberge

  Nach Segnitz I. 115.

Der nordwestliche Theil des Tschernebog bildet eigentlich einen zweiten, aus großen Felsblöcken bestehenden Berg, der nach sichern Kenn zeichen wie jener eine heidnische Opferstätte war, wie denn auch der Name Frageberg, der hauptsächlich von diesem Theile des Berges gebraucht wird, auf die Weissagungen heidnischer Priester zurück deutet. Unter dem Opferfelsen ist eine tiefe Schlucht. In dieser soll ein unermeßlicher Schatz liegen.

Ein armer Kuhhirt aus einem nahen Dorfe hatte von dem Schatze gehört. Sein einsames Leben gab ihm Gelegenheit genug zu Träumereien von Glück und Reichthum. Einst war er am brennenden Mittage am Fuße des Berges in Schlaf gesunken. Wie er erwachte vermißte er eine der Kühe, hörte aber ihr Glöcklein oben auf dem Berge. Er springt auf und eilt den Berg hinan, um sie zur Heerde zurück zu treiben. Aber nirgends kann er die verirrte entdecken. Auch das Glöcklein hört er nicht mehr. Alles um ihn herum ist still und unheimlich. Als er aber wie zufällig in die Felsenschlucht hinabsieht, da glänzt es ihm daraus hervor wie schimmerndes Gold. Mit klopfendem Herzen geht er näher, steigt hinab, kommt in eine weite Höhle. Sie wird immer heller, ohne daß er sieht, wo das Licht herkommt, und plötzlich gewahrt er vor sich einen großen Kessel, gefüllt mit lauter Goldstücken.

Er wirft Stock und Hut, die er in der Hand gehalten, weg, füllt mit gierigen Händen seine Taschen und eilt klopfenden Herzens den Weg, den er gekommen, zurück. Am Fuße des Berges angekommen, fällt ihm ein, daß er ja seinen Hut in der Höhle hat liegen lassen. Er war ein Geschenk seiner Braut, und rasch entschließt er sich zurück zu gehen, findet ihn auf der Stelle, wo er ihn hingelegt, rafft ihn auf und stürzt dem Ausgange zu. Aber welche Angst ergreift ihn, er findet die Oeffnung nirgend; so viel er tastend umherirrt, das Felsenthor bleibt geschlossen. Vorübergehende hörten ihn winseln und noch jetzt vernimmt man in nächtlicher Stunde oder am brütenden Mittage des Eingeschlossenen Klagetöne.

Anmerkungen: Näheres von Tschernebog s. unter No. 4. und No. 17. Bei dem Hute denke ich an den oft wiederkehrenden Zug, daß der arme Hirte zufällig eine schöne Wunderblume findet und auf seinen Hut steckt. Nun erst steht ihm auf einmal der Ein- und Ausgang zu dem Schatze des Berges offen. Eine solche Wunderblume blüht auch auf dem Frageberge.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862