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Das Teufelsfenster am Tschernebog

  Segnitz I. 115

An einer freien Stelle des westlichen Abhanges des Berges erblickt man zur Rechten am Saume der Nadelwaldung den Anfang einer Felspartie, die wegen einer runden Oeffnung an dem oberen Theile des Felsens als das Teufelsfenster bezeichnet wird. Aus dieser Oeffnung sollen noch heute kleine Koboldchen schlüpfen und einen Keller mit unendlichen Schätzen bewachen, weshalb man die Stelle auch zuweilen die Koboldskammer genannt hat.

Eine Frau, die mit ihrem Kinde auf den Berg gegangen war, um Waldbeeren zu suchen, hatte Gelegenheit in den Keller zu gelangen. Sie setzte ihr Kind auf den Boden der Höhle und raffte die Schätze begierig zusammen. Schreckliches Donnern erschütterte die Erde und trieb die Frau angsterfüllt in's Freie. Aber als sie sich umsah, war die Höhle geschlossen und kein Eingang zu finden. Die arme Mutter lag bei ihren Schätzen, unbekümmert um deren Werth, denn sie hatte ihr Kind verloren.

Doch nach einem Jahre an dem selben Tage stand sie wieder am Teufelsfenster. Der Keller that sich auf, am Boden saß ihr Kind und spielte. Die Schätze mochten funkeln und glänzen, die Mutter sah sie nicht, sie erblickte nur ihr Kind und entriß es mit Blitzesschnelle den unterirdischen Mächten.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862