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Der Schatz auf dem Protschenberge - Fünfte Sage

  N. L. Mag. 1838 S. 128. Gräve S. 70.

Auf dem Protschenberge bei Budissin befindet sich an der gegen die Ortenburg zu gelegenen Seite eine Art Höhle, die anfangs schmal, sich endlich erweitert und acht Fuß in den Berg hineingeht; sie heißt im Munde des Volks die Judenschule und die Sage erzählt sich Folgendes von ihr:

Zur Zeit der Judenverfolgung haben sich in dieser Höhle, die wahrscheinlich damals noch größer war, die Juden versammelt, um ihren Gottesdienst ungestört abzuhalten und sich dabei feierlich gelobt, daß, wenn sie unentdeckt blieben und sich mit ihrem Vermögen nach Polen retten könnten, sie dieses nie vergessen, vielmehr jährlich an einem bestimmten Tage an diesem Orte eine reichliche Spende vertheilen wollten.

Ihr Abgang muß ungehindert geschehen sein, denn als einst im sechszehnten Jahrhundert eines Sonntags gerade am Erinnerungstage der Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft, ein ehrsamer Bürger Budissins, Namers Gotthelf Arnst, nach der Frühkirche in dieser Gegend lustwandelte, trieb ihn die Neugierde, diese Höhle zu besuchen. Er trat hinein und erblickte sieben Männer in polnischer Judentracht, mit ehrwürdigen weißen Bärten, sitzend um eine runde Tafel und in typ:gold|Goldstücken wühlend. Bestürzt wollte er zurückgehen, allein einer derselben redete ihn freundlich an und sprach: „Fürchte Dich nicht, denn wir sind nicht da, um Böses, sondern um Gutes zu thun, wie wir vor vierhundert Jahren gelobt haben; wen wir an diesem Tage hier treffen, den beschenken wir mit Gold. Nimm daher soviel Du kannst und willst; denn nur einmal ist es Jedem zu kommen erlaubt, aber beeile Dich, denn bald ist verronnen die Zeit, während welcher es uns vergönnt ist, hier auf Erden zu weilen.

Arnst that, wie ihm geheißen wurde und entfernte sich dankend, von dem Gelde aber kaufte er sich Häuser und Aecker und ward ein reicher Mann. Auch der sogenannte Weinberg gehörte ihm, den später ein gewisser Steinberger ausbaute.

Anmerkungen:

  1. Wahrscheinlich sind diese Juden ursprünglich Zwerge, wie sie in vielen deutschen Bergen mit langem weißen Bärten um einen steinernen Tisch sitzen. Die langen Bärte und die verborgenen Schätze haben vermuthlich diese Umdeutung veranlaßt.
  2. Der Protschenberg ist ein heidnischer Opferberg, s. No. 22., Anmerkungen: 35.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862