<<< vorherige Sage | Fünfte Abtheilung: Zaubersagen | nächste Sage >>>
Der Feuersegen zu Budissin
Klar S. 101. Grässe S. 484.
Zu Anfang des 17. Jahrhunderts kam eine wandernde Zigeunerfamilie nach Budissin und suchte, da fast alle eine Krankheit befallen hatte, ein Obdach auf einige Tage. Die Mutter mit ihren zwei kranken Kindern ging von Haus zu Haus, um die Herzen der Einwohner zu bewegen, und der Vater lag auf einer Steinbank am Thore. Allein kaum gelang es den Armen, einige geringe Gaben zu erhalten, sie aufzunehmen bezeugte Niemand Lust, und so mußten sie dem kranken Vater leider alle Hoffnung auf Obdach in der feuchten Herbstnacht rauben. Traurig, vor Kälte zitternd, saßen sie nun am Thore; da schritt ein Mann vorüber, der selbst arm und dürftig aussah. Dieser fragte sie, warum sie so klagten, und als sie ihm ihre Noth gestanden, da führte er sie mit den Worten: nun kommt nur mit mir! in seine schlichte Wohnung in der Gaschwitz unfern der äußeren Ringmauer der Stadt. Er gab ihnen eine Kammer, reichte dem durchfrorenen Vater einen Trank, theilte mit den Unglücklichen sein Abendbrod und bereitete ihnen ein Lager aus frischem Stroh. So übte er mehre Tage lang sein Werk der Barmherzigkeit an ihnen, bis sie im Stande waren, ihren Weg wieder in ihre Heimath nach Ungarn fortzusetzen. Ehe sie Abschied von dem menschenfreundlichen Manne nahmen, sprach der genesene Zigeuner zu ihm: wir wollen nicht undankbar von dieser Stätte gehen, sondern ein bleibendes Zeichen zurücklassen.
Von dieser Stunde an wird dieses Gebäude kein Raub der Flammen werden, und wenn auch die ganze Stadt in Schutt und Asche verwandelt würde, so wird doch kein Feuer dieses Haus anfassen! Damit murmelte er den sogenannten Feuersegen und ging von dannen.
Zwar glaubte anfangs der Besitzer des Hauses den Worten des Zigeuners nicht, allein bald ward er eines Andern belehrt, und erfuhr zu seinem nicht geringen Staunen, daß der Fremdling Wahrheit geredet hatte. Nach wenigen Jahren ward Budissin von Wallenstein erobert und mit kaiserlichen Truppen besetzt, der Friedländer zog bald darauf nach Böhmen und ließ den Obristen von Goltz als Stadtkommandanten zurück. Dieser ließ, als die Sachsen vor die Stadt rückten, die Vorstädte der Stadt in Brand stecken, ein widriger Wind jagte das Feuer in die innere Stadt und bald stand diese in Flammen. Nur ein unbedeutendes Haus in der Gaschwitz blieb unversehrt und das war das, welches die Zigeuner beherbergt hatte. Die Soldaten legten mehrmals Pechkränze an, konnten aber das Dach nicht in Brand bringen. Noch vor wenigen Jahren war es bewohnt, allein 1840 ward es wegen Baufälligkeit niedergerissen, der Platz geebnet und als Garten benutzt.
Anmerkungen: Ganz dieselbe Geschichte wird von einem Hause zu Neubrunn in Franken erzählt. (Bechstein, Fr. S. S. 278.) Ein Gegenstück dazu bildet eine lausitzische Fluchgeschichte. Im Gerlachsheim lebte um's Jahr 1660 ein reicher, aber hartherziger Bauer, Namens Seibt. Den baten auch einmal wandernde Zigeuner, die dem Verschmachten nahe waren, um Herberge. Er aber stieß sie unbarmherzig von seiner Thüre. Da sprachen die Zigeuner einen Fluch über ihn und es vergingen kaum vier Wochen, so fingen alle Hausbewohner an, erst am Leibe zu verlahmen; dann verloren sie sämmtlich den Verstand und sind so in Raserei gestorben. (Moritz Käuffer, Geschichte von Gerlachsheim 1847.)
Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862