<<< vorherige Sage | Fünfte Abtheilung: Zaubersagen | nächste Sage >>>

Hexenprozeß in der Niederlausitz vom Jahr 1621

  L. Monatsschrift 1796. S. 276.

Auf ihrem Schlosse bei Lübbenau lebten nach des alten Herrn von Weltwitz Tode seine beiden Töchter, die Edeljungfrauen Margarethe und Elisabeth und hielten lustigen Hof daselbst. Obgleich ihnen der Vater, der ein flotter Herr gewesen, nichts als Schulden hinterlassen, wurde es doch nie von lustigen Junkern leer im Schlosse, die den schönen Schwestern den Hof machten, ja es ging das Gerücht, daß es wenig ehrbar herginge bei ihren Gelagen. Aber das lustige Leben kostet Geld. Was nun etwa übrig geblieben war von des alten Herrn barem Vermögen, das hatte der damalige Landvoigt des Markgrafthums Niederlausitz, Heinrich Freiherr von Promnitz, in Verwaltung genommen, um die Schulden des Verstorbenen zu bezahlen, und weigerte sich hartnäckig, den Edeljungfrauen von Weltwitz das auszuzahlen, was ihnen, wie sie meinten, zukäme. Da schwur das Schwesternpaar Rache. Sie gingen zu einer alten wendischen Hexe, Namens Katharina Lehmannin, die in Körigk ihr unheimliches Wesen trieb und ihnen schon manchmal Liebestränke bereitet und Zaubermittel gegeben, um sich vor den Folgen ihrer Buhlschaften zu bewahren.1) Darauf ist im Juli des Jahres 1621 der Landvoigt urplötzlich bei einem Aufenthalte in Lübben in eine schwere und seltsame Krankheit gefallen, daß er vor Körperschmerzen und Seelenbangigkeit schier zu sterben gemeint hat. Kein Arzt hat ihm helfen können, denn keiner kannte die Krankheit. Da kam endlich eine frühere Magd der Edeljungfrauen von Weltwitz, die verrieth den ganzen schändlichen Handel und daß die alte Katharine den Herrn behext habe.

Alsobald ward die Hexe mit List nach Lübben gelockt und auf der Stelle verhaftet. Darauf nahm man ihr ihre Zauberkleider ab, und als man ihr ein kleines Bündlein vom Halse nahm, ist sie ganz kleinlaut und unkräftig geworden. Im Verhöre gestand sie, daß die Edeljungfrauen von Weltwitz sie zur Bezauberung des Landvoigts gedungen, bat um ihre Kleider und erbot sich auch den Zauber wieder zu lösen. Aber man hat noch mehr von ihr wissen wollen über ihre Hexerei, und da sie nicht gestanden, hat die Juristenfakultät zu Frankfurt a./O., darum befragt, entschieden, daß genugsam Ursache zur Tortur vorhanden wäre und daß die Zauberin dem Angstmanne zu übergeben, der Pein zu unterwerfen und sodann mit den Weltwitz'schen Jungfern zu konfrontiren sei. Darauf ist sie den Scharfrichtern von Lübben und Kottbus übergeben worden, die haben die alte Frau auf die Tortur gespannt, und da sie nichts als etwa einige Zauberformeln bekannt hat, also gräßlich gepeinigt, daß sie den Geist aufgegeben hat. Da man befand, daß sie das Genick gebrochen, also daß es geknirscht hat, wenn man den Hals des Leichnams angriff, so haben die beiden Henker versichert, daß es müsse der Teufel gewesen sein; denn auch zu Hennersdorf und sonst hätten sich Exempel ereignet, daß der Teufel einer Zauberin den Hals gebrochen, als sie von der Leiter losgelassen worden. Das alles beschworen sie.

Nachdem nun also der ferneren Zauberei der Hexe „in Form Rechtens“ gesteuert worden, hat man die beiden Edeljungfrauen vorgenommen; da sie aber die Zauberei sowohl wie allen andern verbrecherischen Lebenswandel hartnäckig von sich abgeleugnet, und im Gefängniß ein solches Zetergeschrei über den Landvoigt und dessen Familie erhoben, daß kein Wächter bei ihnen verharren wollte, so wurde beschlossen, auch bei ihnen die Tortur anzuwenden und mit Elisabeth, der jüngsten und schwächlicheren, zu beginnen. Da wurden nun die üppigen Leiber der schönen Sünderinnen auf die Tortur gespannt und zwar in Gegenwart des Schloßhauptmannes Hans von Wehlen; diesen Vorzug verdankten sie ihrer adligen Abkunft. Beide gestanden unter den Qualen der Tortur ihren verbrecherischen Lebenswandel sowohl wie die Zaubereien durch die Hexe Katharina und eine andere, die schwarze Else, ein, widerriefen zwar des andern Tags ihr Geständniß, mußten es aber, mit schärferen Martern bedroht, endlich gestehen, daß sie den Landvoigt durch Hexerei zur Herausgabe des Geldes hätten nöthigen wollen, und daß sie sich zu dem oben angedeuteten subtilen Kindermorde des Zaubertranks der schwarzen Else bedient. Beide wurden durch den Ausspruch des Leipziger Schöppenstuhls zum Tode durchs Schwert verurtheilt.

Anmerkungen:

Heinrich Anselm Freiherr von Promnitz war überhaupt von Zauberinnen verfolgt (vergl. No. 234.). Zu seiner Zeit wurde in Sorau und der Niederlausitz Alles auf die Hexen geschoben.

Magnus sagt von ihm (S. 170): „Plagte ihn auf gerechte und heilige Zulassung unsres Gottes der Grimm des Satans durch Zauberinnen, o so war er geduldig und sprach mit Hiob: Ob mich der Herr gleich tödten wollte, dennoch will ich auf ihn hoffen Als er Sonntag Oculi Anno 1622 im Königl. Schloß zu Lübbeu den Tod herannahen fühlte und Herr M. Rambach ihm das heilige Abendmahl verabreichte, rief er aus: Der Teufel wird erschrecken, wenn er sehen wird, daß meine Lefzen werden mit dem rosin farbnen Blute meines Erlösers Jesu Christi gefärbet sein.“

Anno 1661 fand man bei Schönewalde einen Mann todt im Walde, der hatte den Hals nur ein wenig mit dem Kinn in eine Schlinge gelegt und war doch erwürgt. Als aber der Henker zusah, befand er, daß das Genick gebrochen sei, sodaß der Kopf nur so hin und her schlotterte. Daraus erkannte man deutlich, daß ihm der Teufel selber den Hals gebrochen, zumal dieser Mann, ein alter Fuhrmann, sich selbst oft verlauten lassen: er sei des Teufels Eigenthum mit Leib und Seele; er sei ein Höllenbrand und helfe ihm kein Beten. (Magnus S. 237.)

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862


1)
In Zittau wurde 1581 eine alte Frau von Wittgendorf gestäupt und verwiesen, „weil sie den Dirnen Tränke gesotten.“ (Pescheck, Gesch. v. Z. II. S. 193)