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Die Hexen

  L. Mon. Schr. 1797. II. 758.
  Mündlich.

Alte Frauenzimmer, seltener junge, die mit dem Teufel einen Bund gemacht haben und Buhlschaft mit ihm treiben, nennt man auch bei uns Hexen und die Wenden wenigstens glauben an ihre Zauberkünste hie und da noch bis diese Stunde und rothe Augen bei alten Weibern bringen noch heute in den Verdacht der Hexerei. Sie behexen der Nachbarn Kühe, daß sie keine Milch geben, während es ihnen selber nie an Milch und Butter fehlt. Sie können ihrem Nächsten eine plötzliche Krankheit, besonders das sogenannte „böse Wesen,“ an den Hals werfen. Sie haben die Macht, sich in einen Hasen, in eine Katze und dergleichen zu verwandeln.

Ein Hase, der bei lichtem Tage durchs Dorf läuft, ist sicher eine Hexe. Zu Walpurgis reiten sie auf Besen zum Schornstein hinaus auf den Blocksberg (Bruchelsberg), sie versammeln sich auf den Gückelsbergen, deren es mehre in der Lausitz giebt. Damit sie im Vorüberziehen keinen Schaden anrichten, besteckt man die Stallthüren und Düngerhaufen mit grünen Reisern, angemalten Kreuzen und den Buchstaben C. M. B. (Caspar, Melchior, Balthasar). Auch zündet man Besen an und nennt es Hexenbrennen. Die Kinder ihrer Buhlschaft mit dem Teufel sind die Elben.

Anmerkungen:

1. Der deutsche Name „Hexe“ ist von der bei Gelegenheit der „Hainchen“ in den Zwergsagen besprochenen Sprachwurzel hag (áytog) herzuleiten, was in der geschichtlichen Thatsache Bestätigung findet, daß das Hexenwesen ein fortgesetztes heidnisches Priesterthum ist. Der Hexenname Drude bezeichnet eine druidische Priesterin, aber auch einen weiblichen Alp.

2. Der wendische Hexenname Kodota bezeichnet ebenfalls Alp. Drittens, aber auch einen grauen Schmetterling. Aus einer schlafenden Zauberin fährt der Geist in Gestalt eines Schmetterlings. (Grimm S. 612.) Die Leute in Ostritz glauben, daß wenn der erste Schmetterling, den man im Frühlinge sieht, ein weißer ist, der Tod in diesem Jahre entweder einen selber, oder ein Glied in der Familie trifft. Sie nennen es das Todsehen; ob sie damit den Begriff einer Hexe verbinden, weiß ich nicht. Viele weiße Schmetterlinge auf einmal bedeuten Theurung oder Seuchen.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862