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Kaspar Dulichius

  Haberkorn, Chronik von Kamenz Fol. 421, 447. 450.452. 
  N. L. Mag. 1838 S. 397: Joh. Gfr. Lessing,
  Zweihundertjährige Gedächtnißschrift der ersten ev. Prediger in K. 1727. 8.

Kaspar Dulichius war um das Jahr 1642 Pfarrer zu Kamenz. Dieser Geistliche führte aber ein so wenig geistliches Leben und zeigte einen so zanksüchtigen und narrenhaften Charakter, daß er bald wieder abgesetzt wurde. Nachdem er zehn Jahre in der Irre umhergewandelt und viele schlimme Streiche verübt hatte, setzte man ihn in Verwahrung auf den Pulsnitzer Thurm. Nun aber kam es erst heraus, daß er mit dem leibhaftigen Teufel im Bunde war; denn am 7. Oktober 1652 war er bei verschlossenen Thüren vom Thurme gestiegen und hatte mit mehren Personen auf der Straße gesprochen, und doch am anderen Morgen sich wiederum in seinem Gefängnisse befunden. Dazu kam das Gerücht, daß er in Wien zur katholischen Religion übergetreten sei und sein eigenes Geständniß, daß er eine Nuß besitze, vermöge welcher er sich unsichtbar machen könnte, sowie daß ein von typ:haar|Haaren geflochtener Kranz ihm die Herrschaft über die Geister des Schattenreichs verleihe.

Man schritt daher zur Inquisition und verschickte die Akten zum Spruch an den Leipziger Schöppenstuhl, welcher auf die Tortur erkannte, um ihm das Bekenntniß seines Bundes mit dem Teufel auszupressen. Aber schon der Anblick der Marterinstrumente brachte den Delinquenten zu dem Geständniß, daß er im engsten Verkehre mit Satanas stände, durch dessen Hülfe er auch vom Thurme gestiegen sei. Darauf wurde das Todesurtheil über ihn gesprochen und vom Kurfürsten Johann Georg bestätigt.

Obgleich er nun, als am 6. November 1654 der Spruch an ihm vollstreckt werden sollte, seine Aussage widerrief, wurde dennoch vom Leipziger Schöppenstuhle das vorige Urtheil bestätigt, und ihm am 8. Juli 1655 auf dem Markte zu Kamenz der Kopf abgeschlagen.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862