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Der kluge Mönch von Kamenz

  N. L. Mag. 1832, 446, 1838, 131. 
  Haberkorn, Chronik von Kamenz S. 48. Carpzov's Ehrentempel I. 308.
  O. L. Kirchengalerie S. 49.

Im Kamenzer Franziskaner-Kloster lebte im 16. Jahrhundert ein verrufener Mönch mit Namen Matthäus Rudolph. Woher er stammte, ist ungewiß, Einige nennen Annaberg in Sachsen, Andere Geyer in Baiern als seinen Geburtsort, noch Andere sagen, er sei der uneheliche Sohn eines lausitzischen Adligen, Namens von Pflugk, gewesen. Dieser Mönch hatte in Leipzig und Paris die schwarze Kunst und andere geheime Wissenschaften erlernt, war von der evangelischen Lehre zum Papstthum zurückgetreten, hatte sein Eheweib vergiftet und um dem Galgen zu entgehen die Mönchskutte genommen. Vom Kamenzer Kloster aus verfolgte er die Evangelischen mit seinen Zaubereien, brachte viele zum Papstthum zurück, machte aber auch allerlei Wunderkuren. Er besaß Geistersiegel, Krystallspiegel, Galgenmännlein, Wünschelruthen und allerlei wunderliche Kräuter und Thiere.

Einst, als man einem Goldschmiede ein Stück Goldes zum Verarbeiten gebracht, dieser es aber wegen seiner Härte nicht zwingen konnte, nahm er zu Bruder Rudolph seine Zuflucht, welcher das Gold mit einem Pulver einrieb, wodurch es sofort fügsam wurde. Viele vornehme Leute besuchten seine Zelle, um sich Rath bei ihm zu erholen und er sammelte durch seine Zauberkünste unermeßliche Reichthümer.

Um Lätare des Jahres 1562 starb Bruder Rudolph plötzlich in Seitschen, auf der Rückreise von einem reichen Manne, den er kurirt hatte. Bei seinem Tode erhob sich ein gewaltiger Sturm mit Donner, Hagel und Blitz. Bäume wurden entwurzelt, Dächer abgedeckt, Fenster eingeschlagen, und nicht eher legte sich der Sturm, als bis der Teufel seine Seele geholt hatte.

Noch nach seinem Tode wurde der Prozeß wegen Zauberei gegen ihn angestrengt. Seine Magd und ihr Sohn gestanden auf der Folter, daß der Verstorbene ein Hexenmeister gewesen und daß sie ihm bei seinen Zaubereien thätliche Hülfe geleistet. Beide wurden im Jahre 1564 hingerichtet.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862