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Der Pelzmann zu Schmölln

  Gräve S. 125. Winter, in d. Constit. Zeitung, Dresden 1854 No. 219. 
  Grässe No. 157. u. No. 735.

Zu Schmölln geht der Pelzmann, eine Männergestalt in einen dicken Pelz gewickelt – vornehmlich um die Weihnachtszeit – im Dorfe umher; er neckt wie ein Kobold die Leute durch unschädlichen Spuk]], klopft an die Fenster, erschreckt den spät Nachhausegehenden und warnt besonders die Leute vor einer drohenden Gefahr. Da heißt es, der Pelzmann geht um, der Pelzmann hat sich gezeigt.

Dieser Pelzmann war im Leben ein Herr von Grünau, der lange Zeit am Hofe des Churfürsten Johann Georg I.1) Leibpage war. Das Volk erzählt sich von ihm allerhand seltsame Geschichten. Das sogenannte Pagen bette auf der Festung Königsstein hat von ihm den Namen. Denn als er im Jahre 1675 mit seinem fürstlichen Herrn auf der damals sogenannten Christiansburg gespeist und tapfer gezecht hatte, kroch er im Rausch durch eine Schießscharte und legte sich am steilen Abhange des Felsens hin um seinen Rausch auszuschlafen. So fand man ihn früh Morgens. Der Churfürst ward gerufen, ließ Stricke um den hart am Abgrunde ruhig Schlafenden legen, und ihn sodann durch Trompetengeschmetter und Paukenschall aufwecken.

Noch zweimal entging er der Todesgefahr auf eine wunderbare Weise. Das eine Mal setzte sein scheu gewordenes Pferd mit ihm von der Dresdner Brücke in die Fluthen. - Das andere Mal stürzte er bei einer Jagd im Rathener Grunde in eine tiefe Schlucht.

In seinem Alter zog er sich nach Schmölln zurück und beschäftigte sich außer der Jagd fast nur mit der Natur und ihren geheimen Kräften, sammelte Kräuter und hatte in seiner Wohnung Todtenschädel, Menschengerippe und allerhand unheimliche Thiere ausgestopft oder in gläsernen Flaschen. Das Volk hielt ihn für einen Zauberer und Schwarzkünstler.

Am Tage seines Begräbnisses schlich sich ein Neugieriger in seine Studirstube und blätterte eben in einem alterthümlichen Buche, das wahr scheinlich Zaubersprüche enthielt. Da rauschte es plötzlich am Fenster und man sah eine Unzahl schwarzer Dohlen, Krähen, Elstern und Sperlinge schreiend und flatternd das Fenster der Studirstube umschwärmen und hörte sie an die Fenster picken. Entsetzt floh der Neugierige, soweit ihn seine Beine trugen.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862


1)
Anmerkung Sagenwiki: an anderer Stelle beschrieben und dem Datum nach passender war dies Johann Georg III: