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Elvil's Zauberpferd

  Frenzel, hist. nat. II. 1057. msc. L. Mon. Schr 1793. I., 823. Handschr. Annal. von Görlitz. a. a. 1330.
  Knauths Handschrift, „von lausitzischen Festen.“

Zur Zeit Königs Johannis, ungefähr um's Jahr 1330, residirte auf dem Schlosse zu Gerlachsheim ein tapferer Ritter, Namens Hans Elvil. Der hat mit dem Rathe von Görlitz einen Streit gehabt der Obergerichte wegen, wobei in einem Tumulte seine Ehefrau von den städtischen Reitern niedergerannt worden ist. Daraus erhub sich eine lange Fehde zwischen der Stadt und dem Ritter. Obwohl nun Ritter Elvil oft in Gefahr gewesen ist, von dem städtischen Kriegsvolke gefangen zu werden, hat man ihm doch nichts anhaben können. Das machte, er besaß von seinem Schreiber ein bezaubertes Pferd, welches jedesmal mit den Füßen die Erde gescharret, wenn es seines Herrn Feinde von ferne gewittert hat, und je näher ihm sein Widerpart gewesen, desto heftiger hat es geschlagen und gestampft. Mit diesem Pferde ritt er auch einmal in die Stadt, wo ihn wenig Leute persönlich kannten, kaufte sich ein Paar Schuhe und sprengte zum Thore hinaus mit dem Rufe: Hans Elvil ist da gewesen.

Das war den Görlitzern denn doch zu arg, und sie machten einen Wall um ihre Stadt und bauten feste Mauern. Aber es ging ihnen wie den Römern. Die erste Mauer war sehr niedrig, und als Hans Elvil mit viel Reisigen wiederkam und die Stadt belagerte, da ging's heiß her und die Bürger kamen in große Bedrängniß. Da es aber gerade am Tage des heiligen Hippolyt1) war, so fingen sie an zu diesem zu beten und gelobten ihm, wenn er ihnen hülfe, diesen Tag alle Jahre bei Wasser und Brod zu feiern. Und weil ihnen damals der heilige Hippolyt geholfen hat, so haben sie seitdem treulich seinen Tag als einen besonders heiligen Fasttag gefeiert.

Anmerkungen: Ob eine mythische Beziehung zwischen dem Zauberpferde und dem heiligen Hippolyt (d. i. dem von Pferdem zerrissenen) stattfinde, will ich dahin gestellt sein lassen. Der Name Elvil oder Eluvil klingt sehr mythisch, fast elfisch. Die Sage ist sehr alt und findet sich in fast allen Görlitzer Chroniken, während in Gerlachsheim weder eine schriftliche noch mündliche Ueberlieferung aus jener Zeit existirt. Auch ergiebt kein Name eines späteren Ortsbesitzers eine Aehnlichkeit mit dem Namen Elvil. Uebrigens ist es in vielen alten Sagen ausdrücklich „Des Schreibers Pferd,“ durch welches der Held gerettet wird, so auch Karl der Große (in der Heidelberger Hand schrift No. 336., Maßmann, Kaiserchronik III. 1032).

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862


1)
13. August