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Ein schwarzer Mann erscheint zwei Marktleuten

  Frenzel, hist. natur. III. 1492. msc.

Anno 1669 am 7. April, am schwarzen Sonntage des Abends in der neunten Stunde, gehet Christian Lehmann, Kramer, und Martin Möller, Schuster zu Budissin, vom Taubenheimer Markte heimwärts. Der letztere war ein versoffener Bruder und einer der greulichsten Flucher zu seiner Zeit. Als sie beide in der Nähe von Postwitz sind, kommt ein schwarzes Gespenst mit feurigen Augen und rings von Rauch umgeben querfeldein ihnen entgegen. Es hat sie auch gedäucht, als sähen sie nichts denn eitel Wasser vor sich, da doch in jener Gegend sonst keines ist. Da sind sie beide in großen Schrecken gerathen, aber doch ihres Weges fürbaß gegangen. Martin Möller nimmt sein Messer aus dem Schubsack und wirft's weg, damit er sich keinen Schaden thue. Lehmann aber hebt an zu singen: Ach bleib bei uns Herr Jesu Christ; fährt fort: Gott der Vater wohn' uns bei, und schließt mit dem Verse: Auf meinen lieben Gott trau' ich in aller Noth. Als sie nun unter dem Gesange an dem Gespenste vorbei geeilt und dasselbe einen Steinwurf weit überholt, sehen sich die Beiden um und werden gewahr, daß Alles wie lauter Funken aus einander fährt und verschwindet, haben auch hernach nichts mehr gemerkt.

Anmerkungen: Der Chronist deutet das Wegwerfen des Messers falsch. Er weiß nicht, daß das Eisen eine Dämonen überwindende Kraft hat. Nicht nur gilt dies von den Wassergeistern, sondern auch von Luft- und Feuergeistern. Messer in die Luft geschleudert kommen blutig zurück und vertreiben nach der Meinung der Wenden noch heute das Gewitter. Uebrigens gilt überall in der Lausitz das Lied: „Gott der Vater wohn' uns bei“ als Talisman gegen böse Geister; Viele singen es, wenn der Nachtjäger vorbeizieht.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862