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Der gespenstische Ochse bei Horka

  N. L. Magazin 1838 S. 385.

Bei Horka ist eine Hügelreihe, welche sich von Westen nach Süden hinzieht und den Namen der Weinberg führt, weil ehemals daselbst ein Schloß gestanden haben soll, wo man Wein geschenkt hat. Weit und breit sind die Leute zu Wein hingegangen und hingefahren, wo es dann geheißen hat: wir fahren auf die hork'schen Berge zu Weine. Die hork'schen Unterthanen haben auch alljährlich einen gewissen Geldzins, sowie einen gemästeten Ochsen dahin entrichten müssen.

Ein solcher Ochse geht dort noch jetzt um. Der Ochsenknecht vom Schlosse zu Ober-Horka hat ihn noch vor mehren Jahren gesehen, als er gegen Abend die Ochsen hütete. Etliche Abende hinter einander erschien ihm nämlich ein Ochse, von Farbe ganz weiß. Als der Knecht vor Furcht nicht mehr allein austreiben wollte, so ging der Pächter, der Jäger und mehre Andere mit Flinten bewaffnet mit. Da nun der Ochse, wenn man spricht, sich wieder entfernt, so hatte man dem Ochsenknechte gesagt: „Wenn der Ochse kommt, so laß nur die Peitsche fallen.“ Dies geschieht; als aber die übrigen keinen Ochsen sehen, so fragt der eine Begleiter, wo denn der Ochse wäre? – „Dort kehrt er wieder um, und geht jetzt gerade über die Brücke weg,“ antwortete der Knecht. Sie mußten also unverrichteter Sache nach Hause gehen.

Anmerkungen: Wohin mußten die horfschen Bauern den Ochsenzins entrichten? Nach dem Berge? Sollte dort je ein Schloß mit einer Weinschänke gestanden haben? und wie hängt der Ochsenzins damit zusammen? War vielleicht dieser Berg ein Opferberg, der Ochse ein Opferstier? Darauf deutet auch seine weiße Farbe. Im Mannsfeldischen versammeln sich die Bauern auf einem Bierhügel, um ein Tanzfest zu feiern und dabei eine Tonne Bier zu trinken. Thäten sie das nicht, so heißt es, würde die Obrigkeit den Zehnten und noch dazu ein schwarzes Rind mit weißen Füßen und weißer Blässe fordern (Neue Mittheilungen des Thür. Sächs. Vereins V. 2. 130 ff.). Wie hier der dem Gotte geweihte weiße Stier, so spukt auf dem Löbauer Berge ein weißes Pferd.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862