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Der verwünschte Hecht in Melaune

  Mündlich.

Beim Burgberge zwischen Döbschütz und Melaune ist ein kleiner Teich. In diesem wohnt ein in einen Hecht verzauberter Prinz. Viele haben den Fisch gesehen. Er ist sehr groß, trägt eine goldene Krone auf dem Haupte und ein goldenes Band um den Hals. Was es mit dem Prinzen für eine Bewandtniß gehabt hat, daß weiß man nicht, aber soviel ist gewiß: Wer sich unterfangen würde, nach dem verwünschten Hechte zu fahnden, dem würde es schlecht bekommen.

Vor etwa 20 Jahren haben zwei übermüthige Jägerburschen in einer stillen Mitternacht den Versuch gemacht. Aber ihr Netz wurde plötzlich so schwer, daß sie es nicht mehr bewältigen konnten. Da bekamen sie Angst, ließen das Netz im Stich und liefen davon. - Der eine ist drei Tage darauf verstorben. Der andere aber wurde schwer krank und hat Zeit seines Lebens einen Knax davon gehabt. Und aus dem Munde seines leiblichen Bruders ist diese ganze Geschichte.

Anmerkungen:

1. Die Sage ist sehr kurz, wahrscheinlich unvollständig, aber doch ein merkwürdiger Fund. Auf dem Burgberge zwischen Döbschütz und Melaune soll ja eben das Schloß Meran (Melaune) gelegen haben, das nach seiner Vertreibung 1179 König Wladislav von Böhmen zu seinem Aufenthalte wählte (siehe „das Schloß Meran“ im 2. Bande). Ist diese Sage eine dunkle Erinnerung an diesen König? Der Teich erscheint gewissermaßen als das Wahrzeichen und Symbolum der Herrschaft Döbschütz. Der Name Meran ist verwandt mit Mare, Meer, es heißt auch geradezu: das Schloß Meer und die Schildsage der Döbschütze (oder Debschitze) erinnert ebenfalls an einen See. Nach Sinapius soll der Name des Geschlechts vom slavischen topin, tauchen, herkommen und das Seeblatt im Wappen ein Andenken an einen kühnen Wasserritt des Ahnherrn sein (siehe die Schildsagen).

2. Nach slavischer Sage verrieth ein redender Hecht das Versteck, wohin der Unhold Kasczej den von ihm geraubten Fischer des Wladimir gebracht hatte (Vollmer, Wörterbuch der Mythologie S. 1029). In der märkischen Sage spielt ein Hecht den Wahrsager und den Zauberer, indem er einen Bauerburschen mit einer Prinzessin verheirathet (Kuhn, S. 270). In einem See in der Eifel sind zwei Hechte, deren Erscheinen allemal den Tod eines Erben des Hauses Ulmen verkündigt (Wolf, deutsche Märchen und Sagen S. 210).

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862