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Das weiße Pferd auf dem Frauenkirchhofe zu Görlitz

  Mündlich.

Auf dem Frauenkirchhofe in Görlitz zeigt sich zuweilen und zwar an einer bestimmten Gruft ein weißes Pferd. In jener Gruft fand man einst die verschütteten Gebeine eines Pferdes, und die Leute sagen, es rühre aus den Kriegszeiten her, da habe einmal ein russischer Kosak sein Pferd auf dem Kirchhofe weiden lassen. Das arme Thier verirrte sich in die Gruft, stürzte hinab und mußte elendiglich umkommen. Damals glaubte alle Welt, das Thier sei davon gelaufen oder gestohlen worden.

Anmerkungen: Ob und wie diese Sage in Beziehung steht zu der alten Sitte, bei der Einweihung eines Todtenackers zuerst ein lebendiges Pferd (Odins Todtenroß oder das Todten pferd der Unterweltsgöttin Hel, die auch Pferdejungfrau, Glitnis gna hieß) zu verscharren, sei dahin gestellt. Vergl. Grimm, Mythol. S. 804.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862