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Der gespenstische Mönch in Kamenz

  N. L. Magazin 1838. Gräve S. 44.

Im Kamenzer Kloster läßt sich bisweilen ein Mönch sehen. Bei einem seiner Umgänge schrieb er an das Klosterthor die Buchstaben C. M. P. und als darauf 1680 die Pest erfolgte und viele Einwohner hinweg raffte, erkannte man, daß diese Buchstaben nichts Anderes bedeuteten, als: Camitia misere peribit, d. h. Kamenz wird elendiglich verderben. Dieser Mönch soll der berühmte Erfinder des Schießpulvers, Berthold Schwarz, sein, von dem man sagt, daß er in der St. Annenkirche begraben liegt, woselbst sein Leichenstein, auf dem eine Kanone abgebildet ist, sich noch befindet. Andere schreiben die Erscheinung dem unruhigen Geiste Peter Rudolph's, eines der letzten Mönche des aufgehobenen Franziskanerklosters zu, der als Zauberer, Hexenmeister und Geisterbanner verschrieen war und bei lebendigem Leibe in die Hölle gefahren sein soll.

Das Standbild des spukenden Mönches zeigt man noch an der Hausecke der Budissiner Gasse. Wenn er seinen Umgang halten will, so belebt sich dieses Standbild, steigt von seinem Postamente herab und wandelt auf das Kloster zu.

Anmerkung: Wahrscheinlich heißt es nur auf gut sächsisch C. M. P., sonst wohl C. M. B. und ist nichts als die überall gebräuchlichen geisterbannenden Namen der heiligen drei Könige Caspar, Melchior, Balthasar.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862