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Der schwarze Hans und der Geigenfriedel zu Wehrau

  Nach Schön.

In Wehrau unter den Schloßlinden spukt der Geist eines bösen Junkers Hans von Rechenberg, genannt der schwarze Hans, der schreckt die Leute, die Nachts des Weges gehen und hockt ihnen auf. Es lebte aber einmal zu Wehrau ein kleiner bucklicher Musikant, genannt Geigenfriedel, ein fideles Kerlchen, der Lustigmacher und Anekdotenerzähler der ganzen Gegend. Der vermaß sich einmal Abends in der Schänke zu Wehrau, als einer erzählte, der schwarze Hans scheuche wieder und habe noch gestern einer Magd aufgehockt, daß sie krank darnieder liege, er wolle den bösen Geist in seinen Geigenranzen bannen, damit er nicht mehr die Menschen ängstige und sie sollten sehen, daß er sich nicht fürchte vor ihm.

Gesagt, gethan. Geigenfriedel nahm seinen Ranzen in die Hand und ging hinaus in die finstere Mitternacht. Bei den Schloßlinden angekommen, stand er still, und ob es ihm wohl grauste, so rief er doch mit starker Stimme dreimal hinter ein ander: Hans, Du schlechter Kerl, komm' und kriech in meinen Sack, daß Du keinen Menschen mehr ängstigst. Beim dritten Male plumpte etwas Schweres in den Sack und drückte ihn zu Boden. Aber da kriegte es mein Geigenfriedel mit der Angst, ließ den Sack im Stiche, kam todtenbleich in die Schänke gestürzt, stieß einen Schrei aus und fiel leblos hin. Er kam zwar wieder zu sich, aber mit seinen lustigen Schwänken und seinem lieben Geigenspiel war es aus. Er lachte niemals wieder, siechte zusehends dahin und starb in wenigen Wochen.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862