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Der böse Herr von Spree

  Sammlung von Schön No. 66. Msc.

Früher stand auf der Mitternachtsseite des Rothenburger Kirchhofs ein Hollunderstrauch, und an derselben Stelle war eine Lücke in der Mauer. Fragte man warum, so sagte das Volk, der böse Herr von Spree, der unter dem Hollunderstrauch begraben liege, litte keine Mauer neben seinem Grabe und hätte sie allemal wieder zerstört, so oft man es gewagt, die Lücke auszufüllen.

Er war bei Lebzeiten ein grausamer Herr und Leuteschinder gewesen, und als er begraben worden war, haben ihn die Leidtragenden an demselben Tage, als sie nach Hause kamen, in leibhaftiger Gestalt aus dem Fenster des zweiten Stockwerkes heraus blicken sehen. In seiner Stube sah man ihn später oftmals wandeln, auch an seinem Schreibtische schreiben, bis ihn endlich einmal ein Durchreisender gebannt hat.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862