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Der Teufelsjäger auf der Luchsenburg

  Gräve S. 142.

Auf dem Hochstein bei Elstra ist die sogenannte Luchsenburg, ein mit Steinen angefüllter dicht bewachsener Platz. Dort hat der Teufel als Jäger residirt, und auf der Stelle, wo er einmal einen Luchs erlegt hatte, ein Jagdschloß gebaut, daher der Name Luchsenburg. Hier verursachte er oft mit seinen höllischen Jagdhunden einen so greulichen Lärm, daß den rings umher wohnenden Menschen Hören und Sehen verging.

Ueber solches Treiben gerieth der heilige Hubertus in großen Zorn und beschloß, den bösen Jäger aus der Gegend zu verbannen. Er stellte sich, nachdem er durch Fasten und Beten sich gestärkt hatte, an einer großen Buche auf, wo der Zug vorbei kam und sprach seinen Jagdsegen über alles Wild des Waldes. Als nun die höllische Jagd begann, traf keiner der Jäger auch nur das Geringste, und das Wild schaarte sich um den Heiligen und graste ruhig weiter. Da erzürnte der Böse, zertrümmerte sein Schloß und hat seitdem die Jagd an den Nagel gehängt. Die Steinhaufen auf dem Hochstein sind die Trümmer seines Schlosses.

Zum dauernden Gedächtniß aber wird am Tage St. Aegidi, wo es geschehen, die Jagd eröffnet.

Anmerkungen:

1. Der heilige Hubert ist eigentlich so gut wie der wilde Jäger, der hier zum Teufel avancirt ist, mit Odin verwandt; er heißt eigentlich Hutbert (cf. Robin Hood) und trägt einen großen breitrandigen Hut wie Odin, oder vielmehr Uller, die eigentliche Jägerpersonifikation Odins. Deshalb ist St. Hubertustag der dritte November, weil dieser Monat dem Bogenschützen Uller gewidmet ist, wo er seine meisten (Todes-) Pfeile versendet und wo er seinen Hut, d. i. seine Nebelkappe, aufsetzt.

2. Der Name Luchsenburg kommt von der altslavischen Stammsilbe Luc (Luhy) her, die sich auch im lateinischen Lucus wiederfindet und soviel als Wald, Hain bedeutet. Scha farik (slav. Alterth. 1.406.) leitet davon das alte Volk der Lygier, Lugionen her, welche an der Oder saßen, und deren Nationalität ein zweifelhaftes Gemisch von deutschen, sla vischen, ja keltischen Elementen gewesen sein soll. Schafarik sagt, der slavische Theil der selben, die Windilen, sei später in die Lausitz gewandert und habe diesen Namen dort hin verpflanzt, denn Lusitz heiße Waldland, während sonst allgemein angenommen wird, es komme von Luza (Lusche, das sch weich ausgesprochen) = Sumpf. Ob von Luc, Wald oder von Luza, Sumpf? das ist die Frage. Die natürliche Beschaffenheit der Niederlausitz, welche ja, wo es sich um die Slaven handelt, hauptsächlich in Betracht kommt, paßt auf Beides. Der Spreewald ist ein Sumpf- und Wasserwald. Für die Ableitung von Luc würde sprechen, daß ja die Lausitz durchweg als ein heiliger Hain erscheint.

3. Abgesehen davon, wird die Ableitung der Luchsenburg (gespr. Luksenburg) von luc, Juhy, lucus dadurch unterstützt, daß das nahe Dorf Elstra mit seinem alten Götterfelsen (siehe No. 15.) von der gleichbedeutenden Silbe als, alhs (althochdeutsch = heiliger Hain und weiterhin = Tempel) abzuleiten ist (vergl. No. 181. Anmerk.). Die Sybe luc findet sich auch in dem Namen der Stadt Luckau, sowie der Dörfer Luga und Loga, beide mit heidnischen Heiligthümern (s. No. 23. Anmerk.), und des alten Klosters Dobrilugk, welches schon in einer alten handschriftlichen Beschreibung von Chr. Richter übersetzt wird „guter Hain“.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862