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Der Nachtjäger in Torga

  Sammlung von Schön No. 71. Msc.

Ein Bauer in Torga, unweit Rengersdorf, dessen Nachkommen noch heute leben, durfte nie sein Gehöft durch Thore verschließen. Denn der Nachtjäger hatte dort seinen Durchzug, und wenn er mit seiner wilden Jagd einher gebraust kam, so sprangen die Thore von selber vor ihm auf und der Sturm warf sie entzwei. Wenn nun das Getöse ankam, merkte es die Gedingefrau, welche am vorderen Fenster saß, allemal zuerst. Dann wurde das Vieh im Stalle unruhig, zerriß die Stricke und fing fürchterlich an zu brüllen. Wenn nun das die Gedingefrau hörte, so fing sie aus Leibeskräften das Lied zu singen an:

„Gott der Vater wohn' uns bei Und laß uns nicht verderben.“

Da wurde Alles still und ruhig und der Nachtjäger zog ruhig und geräuschlos über den Hof hinüber.

Anmerkungen: Aehnliche Sagen in Lauenburg (Müllenhof S. 372.), in Schleswig (Müllenhof No.495.), Thüringen (Sommer No. 5.), im Rhöngebirge (Bechstein No. 12., No. 137.).

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862