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Pan-Dietrich

  Gräve S. 54. 
  Preusker III. 167.

An dem Fußsteige zwischen Mönnichswalde und Wilthen liegt rechter Hand ein mit Nadelholz bewachsener Berg, der Pan Dietrich (d. h. Herr Dietrich) genannt. So heißt er nämlich nach einem Raubritter, der dort in den Zeiten des Faustrechts sein Wesen trieb, von seiner Burg aus die ganze Gegend bedrückte, Wochentags wegelagerte und Sonn- und Festtags der Jagd fröhnte, wobei er das Wild grausam zu hetzen und die Felder der Bauern zu verwüsten pflegte. Im Leben ging ihm Alles nach Wunsch und Willen; allein im Tode folgte die Strafe Gottes, nach dem er sein Lebtag nie gefragt hatte. Denn in Ewigkeit ist er verdammt, zur Frühlings- und Herbstzeit als Nachtjäger umher zu ziehen. Von seiner verfallenen Burg aus, welche jetzt nur noch aus einer Menge in der Runde zusammengeworfener Steine besteht, erhebt sich der tosende Jagdzug, fegt einige Meilen im Kreise umher und verschwindet beim Morgengrauen wieder im Berge.

Dem Zuge voran schreitet der heilige Bonifaz, der ihn oft vergeblich ermahnte, von seinem rohen, wüsten Leben abzustehen. Hinterher, aber reitet der Tod, ein Beingeripp auf einer großen Eule. Bei Budissin in der Gegend des so genannten Götterberges zieht der Pan-Dietrich über den Tschernebog, man sieht ihn auch am Hochwalde, bei Rammenau in der Nähe von Bischofswerda und in Raschützwalde, wo er über das sogenannte (muthmaßlich im dreißigjährigen Kriege eingegangene) wüste Dorf mit Windsausen, Schießen, Hundegebell und Menschengeschrei hinzieht.

Durch die Fluren mancher Dorfschaften zieht sich eine sogenannte Brandader, diese nennen die Wenden: Dyter bernatowy puc, d. h. Dieter Bernhardt's Weg.

Anmerkungen: Dyterbernat, Dyter Benada, Dykebjadnat, Dykebernak sind lauter wendische Verstümmelungen des deutschen Namens. Vielleicht ist auch Pan-Dietrich einfach aus Bern-Dietrich verstümmelt. In Schweden heißt des wilden Jägers Straße die Erichsstraße. Sie scheint das irdische Abbild des altdeutschen Iringsweges, d. h. der Milchstraße oder des unterirdischen Helweges, der Seelenstraße zu Hel zu sein.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862