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Blauhütel

  Frenzel, hist. eccl. Schonav. p. 15. msc. 
  N. L. Mag. 1839 S. 227.

Blauhütel war ein reicher Herr. Ihm gehörte der ganze Eigen'sche Kreis. Auf dem Schönauer Hutberge hatte er eine feste Burg und im Thale baute er die Stadt Bernstadt (Bernhardtsstadt), nach seinem Namen Bernhardt so geheißen. Aber die Leute herum nannten ihn immer nur Blauhütel von seinem großen blauen Jagdhute. Wenn sie den von ferne sahen, erschraken sie, denn dann ging's zu Pferde mit Jagdgeschrei und Hörnerklang durch Feld und Wald im tollen Jagen. Da war es oft an einem Tage um die ganze Ernte geschehen. Und es erhob sich eine Klage im Volk über den grausamen Herrn, so daß sich selber der Landvogt der armen Leute annehmen mußte.

Zur Strafe muß nun Blauhütel als Nachtjäger ziehen bis zum jüngsten Tage, und wer ihn ziehen sieht, dem bedeutet es Unglück. In der Kirche zu Schönau aber war er abgebildet, wie der Landvogt ihn zur Rede setzt. Jäger und Jagdhunde umgeben ihn, und in der Hand hält er den gefürchteten blauen Hut.

Anmerkungen:

Mag auch der Hut und das Bild und der Name historisch sein; die Benennung des Jägers nach dem Hute beruht auf mythologischen Beziehungen. Köhlers Ansicht (l. c.) ist daher zu ergänzen. Der Hut ist nämlich Odin - Wuotans Symbol. Er heißt der Breithutige, Hutige, pileatus. Der Hut bedeutet die Wolken, in die sich Odin hüllt. Die vielen Hut berge der Lausitz scheinen nicht vom Hüten des Viehes, noch von der Obhut, die sie den Umwohnern gewähren, den Namen zu haben, sondern theils natürlich vom Sturm- und Nebelhut, der ihre Gipfel zu Zeiten umgiebt, theils mythisch vom behuteten wilden Jäger ihren Namen zu haben. Diese Hutberge liegen meist in dem Distrikte zwischen der oberen Neiße und der oberen Spree, wo die Sagen vom wilden Jäger sich häufen. Es giebt nämlich Hutberge bei Großschönau, Haynewalde, Kamenz, Herrnhut, Koitsch, Nieder-Steina, Weisbach, Mengelsdorf, Neukretscham, Nieder Oderwitz, Ostritz, Schadewalde, zusammen 15, die meisten im Zittauer Kreise.

Der schottische Nachtjäger Robin Hood führt seinen Namen wahrscheinlich ebenfalls als Sturmhutträger; und auch der heilige Hubertus (= Hutbertus) der Jäger unter den Heiligen, der in unsrer Sage vom „Teufelsjäger“ (No. 145.) ein Gegenbild des selben ist, heißt Hutträger. Dieser Hut verkleinert sich bei den Zwergen zur Tarnkappe und wird beim Hexenmeister Martin Pumphüt (s. die Zaubersagen) zum Fortunatus hütlein. Jeder Berggeist trägt gewissermaßen im Hute die Kopie des Berges. Vergl. den Zwergnamen Hütchen in Hildesheim mit dem Zwergnamen „Hübel“ in der Lausitz.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862