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Eines Advokaten Weib wird vom Teufel übel geplagt

  Frenzel, hist. natur. III. 1465. msc. Ein fliegendes Blatt: Historische Beschreibung von dem 
  Budissinischen Gespenst, was sich mit demselben anno 1684 begeben und # wobei Etlicher 
  schriftmäßige Bedenken, was von dieser Sache nach Gottes Wort zu halten, gedruckt im Jahr 1684. 
  Fängt an: „Im Namen Jesu Amen: Der Teufel ist ein Mörder und Lügner“ 
  u. s. w. Singul. Lus. I. 498. II. 821.

Es hat in des Oberamts-Secretarius Simon Hoffmann's Behausung zu Budissin ein Gespenst, anfangs in Gestalt einer wendischen, folgends einer deutschen geschleierten Frau, von des Secretarii Tochter, so an den Oberamts-Advokaten Christian Keilpflugen vor einem Jahre ungefähr verheirathet worden, sich sehen lassen und dieselbe um Gottes Willen gebeten, sie wollte ihr helfen, hat sich dabei Sabina Ruprechtin genannt und vorgegeben, sie wäre vordem von Martin Kathmann (wie sie denn beide Namen mit Dinte und Kreide unterschiedliche Male nebst einer unleserlichen Jahrzahl aufgeschrieben) ermordet und im Keller verscharrt worden.

Gedachter Martin Kathmann aber ist der leibliche Bruder des damaligen Decani bei hiesigem päpstlichen Capitulo und vormals dieses Hauses Einwohner gewesen. Das Gespenst hat gefleht, man solle sie daselbst aufgraben und in einen Sarg legen und auf einem lutherischen Kirchhofe bestatten. Man würde dabei das Schwert finden, womit der Mord geschehen sei, und ein Kästlein mit Golde, das solle die Mühe reichlich belohnen; ihre Seele hätte ja sonst keine Ruhe.

Das erste Mal hat die Keilpflugin ausgerufen: Alle guten Geister loben Gott den Herrn. Das Gespenst hat geantwortet: Ich lobe ihn auch. Es hat auch mit der Keilpflugin allerhand geistliche Lieder gesungen und Bibelsprüche angeführt. Da die Keilpflugin dem Begehren des Gespenstes nicht gewillfahrt, ist es von Tage zu Tage unbescheidener geworden, ist auch der Magd erschienen, aber gesprochen hat's nur mit der Keilpflugin. Einmal ist es ihr erschienen in ihres Gemahls Studirstube und hat einen dicken Brief, mit rother Dinte oder Blut geschrieben, hervorgezogen, hat gesagt, darin stände ihre Geschichte beschrieben, die Keilpflugin hat ihn aber nicht angenommen.

Einmal hat das Gespenst gedrohet, es solle der ganzen Stadt übel gehen, hat sich auch auf der Treppe mit einer feurigen Kugel in der Hand sehen lassen und einen großen Brand verkündigt. Im März ist es dann in einem deutschen Anzuge gekommen und hat ein rundes, feines, blasses Gesicht gezeigt, hat von Neuem geflehet und gedräuet, auch ein Buch nach dem andern aus dem Bücherschranke genommen und laut gelesen. Zu der Keilpflugin hat es gesagt: Ich bin eben ein solch fromm Mensch gewesen, als Du; aber es hat mir eine Hexe, Namens Maria, meine Beine genommen und solche Teufelsfüße gegeben. Dabei hat es auf seine Füße gezeigt, die wie Gänsefüße aussahen. Ich werde nur eine Stunde des Tags von einem guten Geiste regieret, sonst treibt mich aber ein böser Geist, daß ich Dich so plagen muß.

Einmal hat es der Keilpflugin mit großem Grimm in den Nacken gegriffen und gekneipt, daß man die blauen Flecke etliche Tage lang gesehen. Zu Nachts ist es ihr in der Schlafkammer wie ein lichter Blitz erschienen, hat sie im Bette bald in die Schenkel, bald in den Rücken, bald auf die Achseln schmerzlich gezwickt, ja es hat sich zu ihr ins Bette gelegt und sie bedräuet, ihren Eheherrn nicht zu wecken. Als es aber die Keilpflugin gethan, hat es sie entsetzlich gezwickt und ist verschwunden.

Zu andern Malen hat es einen Gestank wie Knoblauch und garstigen Speck hinter sich gelassen; ist auch zu Zeiten mit feurigen Ketten um den Leib oder mit einem blutigen Maule, greulichen Klauen und einem langen Kuhschwanze, wie auch in Gestalt eines Kaninchens erschienen. Die geistlichen Lieder hat es mitgesungen, aber ganz lachend und spöttisch, nur nicht: Vater unser im Himmelreich, Gott der Vater wohn' uns bei, Wir glauben All' an. Einen Gott. Bei diesen Liedern hat es greulich gelärmt oder ist davon gegangen.

Vom Mai bis zum September hat man fast alle Morgen an den Thüren und Wänden, auf den Tischen, Kasten, Dielen Sprüche angeschrieben gefunden mit Kreide und Röthel, ja auch mit Feder und Dinte hat es dem Herrn Keilpflug viel Papier verdorben. Die Schrift ist aber allzeit sehr unrichtig und schlecht geschrieben gewesen. Das Gesinde hat trotz des geschehenen Verbotes abergläubische Mittel angewendet und zwei Besen kreuzweis vor die Thüre geleget, auf denen es auch einmal stehen geblieben ist und die Schwelle nicht überschritten hat.

Im Mai hat es wieder von dem Kasten mit dem Gelde angefangen und denselben auch geholt und ihn der Keilpflugin gezeigt, die hat aber gesagt: ich begehre nichts Zeitliches und hat ihn nicht genommen, obgleich das Gespenst sie bei ihrer Seelen Seligkeit und Gottes Barmherzigkeit angeflehet. Darnach ist es gar ungeberdig geworden mit Tumultuiren, Schlagen und Werfen im ganzen Hause herum, hat nach der Magd geworfen, und den Amanuensis des Herrn Advokaten gezwickt und aus dem Bette geschmissen, daß er sich geweigert hat, länger im Hause zu bleiben.

Dadurch ist das ganze Ereigniß, das man bis dahin auf Rath des Beichtvaters, des Herrn Archidiakonus Muscovius, gegen Jedermann geheim gehalten, endlich ruchbar geworden und dem gesammten geistlichen Ministerium angezeigt worden, worauf denn im Hause alle Montage und Donnerstage gewisse Betstunden eingerichtet worden sind, an denen Hunderte von Personen Theil genommen haben; wie denn auch im öffentlichen Kirchengebete des Gespenstes gedacht worden ist. Das Nachgraben ist aber verwehret worden, da das Gespenst das Jahr der Pest 1631 als sein Todesjahr angegeben hat und auch früher schon einmal im Keller übelriechende Knochen aufgefunden worden waren. So hat man aus Furcht vor der Pest und weil ja der angebliche Mörder ohnedies nicht mehr am Leben gewesen, den Keller nicht untersucht. Das hochwürdige Ministerium aber hat erklärt, was das Gespenst fürgebe, es könne sonst nicht ruhen, sei nichtig Ding, sintemal es gewiß keine Seele, sondern der leidige Satan selbst sei.

Das päpstliche Capitulum aber hat die geistliche Gerichtsbarkeit über das Haus beansprucht und sich erboten, zwei Capitulares hinzuschicken, um diese Seele, die aus dem Fegefeuer wäre und nicht ruhen könne, zu beschwören und zu befragen. Aber der Rath hat es nicht zugegeben, „daß solcher Weise der Teufel durch Beelzebub vertrieben und päpstlicher Aberglauben vermehret würde“. Auch das Gespenst selbst hat sich als gut lutherisch bewiesen und den 18. Juni diese Worte mit Kreide auf den Tisch geschrieben: „Den Katholischen traue nicht, ich bin nicht im Fegefeuer“ und darunter: „Gottes Wort und Luthers Lehr vergehet nun und nimmermehr“. Als der Dekanus solches vernommen, hat er zwei Capitulares ins Haus geschickt. Die haben drei Kreuze über die Schrift gemacht und dazu geschrieben: Du bist eine Hexe. Das Gespenst aber hat den 19. darunter geschrieben: Martin Kathmann, die katholischen Hunde. Als die Keilpflugin den 21. Juni zur Beichte hat gehen wollen, hat das Gespenst auf der Treppe zu ihr gesagt: Gehe im Namen Gottes, wenn's mir nicht eine Schande wäre, so wollte ich mitgehen. Den Tag nachher hat es auf Papier geschrieben: Das Blut Jesu hat Dich gemacht gestern rein von Sünden allen, und ein unförmliches Krucifix darunter gemalt. Den 25. Juni schrieb's: Laß mir den Sarg machen und darauf schreiben: Jesus Christus gestern und heute, Martin Kathmann im Jahr 1631, ein andermal fromme Bibelsprüche und den 30. Juni: Mein Vater hat auf der Schloßgasse gewohnt; Du mußt machen, was ich will, ich laß Dir sonst keine Ruhe. Als der hochwürdige Herr Archidiakonus die Keilpflugin besucht, hat es ihm mit der Hand gedräuet, da ist dem Herrn auf einmal so übel und entsetzlich geworden, als solle er augenblicks sterben. Hernach hat's angeschrieben: Muscovius verdammet mich, aber verdammet nicht, so werdet ihr auch nicht verdammet; Miserere mei.

Nochmals hat es sich erdreistet, der Keilpflugin in Gegenwart ihres Gemahls zu erscheinen. Der hat dann sammt dem Amanuensis Degen genommen und haben nach der angezeigten Richtung hin gestochen und gehauen, daß das Gespenst in die Höhe gesprungen ist und sich geduckt hat, auch in Gestalt eines Vogels aufgeflogen und in Gestalt einer Kugel zur Erde gefallen ist. Andern Tages hat es aber ein Schwert mitgebracht und sich bei der Keilpflugin beklagt, wenn es Unglück haben werde, müßte ihr Mann es verantworten. Vom 15. Juli an hat es überall hingeschrieben: Feuer, Feuer auf dem Rathhause, Feuer auf dem Schlosse, Feuer auf der Dechanei. Darum gehe aus von dem sündigen Sodom, der Blutstadt wird es übel ergehen. Da haben viele Leute ihr Hab und Gut in die Keller geräumt, es ist aber kein Feuer herausgekommen. Ein geistlicher Herr schrieb darunter: Feuer auch in der Hölle, und zwar ewiges Feuer für Dich und Deine Gesellschaft. So ist es fortgegangen bis in den September.

Unterdessen hatte der Rath und das geistliche Ministerium den ganzen erschrecklichen Vorfall nach Dresden gemeldet, worauf die Dresdenischen Theologen ein „schriftmäßiges Bedenken“ über das Budissin'sche Gespenst ausarbeiteten, worin in vier Abschnitten das Gespenst als ein Werk des Satans, und zwar des scheinheiligen weißen Teufels erklärt wird. Dies beweise genugsam sein Widerwille gegen die lutherische Geistlichkeit. Vor den Drohungen habe man sich nicht zu fürchten, sintemal der Teufel ein ohnmächtiger Geist sei, der nicht einmal ohne erlangte Erlaubniß in die Säue fahren konnte (Math. 8, 21.). Dem papistischen Klerus, der sich selbst zur Hilfe angeboten hätte, wie alle falsche Propheten zu thun pflegten (Jer. 13, V. 21. 32, Math. 7., V. 15.), sei nicht zu willfahren; seine Gaukelpossen, mit denen er den Teufel durch Beelzebub auszutreiben vermeinte, könnten höchstens die Lutherischen im Glauben irre machen und zu verdammlichem Abfall verleiten. Weil aber nach Christi Ausspruch (Math. 17. 21.) diese Art nicht ausfährt, denn durch Beten und Fasten, so seien auch hierbei keine anderen Mittel anzuwenden. Was mit den kreuzweis gelegten Besen geschehen, sei eine schwere Sünde. Man solle tägliche Betstunden halten und sich der geistlichen Trostgründe nach Anleitung Lutheri, Hieronymi Welleri, Aviani, Glassii, Scherzeri, Brunnenhorstii, Scriveri und Anderer fleißig bedienen u. s. w. Unterzeichnet ist dies Aktenstück von Dr. Samuel Benediktus Carpzov und fünf anderen Dresdener Theologen.

Nachdem nun auf Beschluß des Budissiner geistlichen Ministerii keine Schrift des Gespenstes mehr gelesen, sondern ungelesen ausgelöscht, das bekleckste Papier aber „in des Pilati geheimer Kanzlei“ versenket worden, hat das Gespenst nach und nach zu erscheinen aufgehört, so daß man am 8. Oktober, Dom. 19. post trinit., in der Kirche eine öffentliche Danksagung gehalten hat.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862