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Rundlinge oder Rundnäpfchen

Hierfür gibt es drei Erklärungen.

Die erste wäre, dass zu der am Ostervorabend vollzogenen „Samstagsweihe„ aus der Kirchenwand Feuer, mittels eines gegen die Brust gestemmten Fidelbohres erbohrt worden sei. Das Messbuch aus dieser Zeit weist an, dass am Karsamstagmorgen aus einem Stein außerhalb der Kirche das Feuer zur Entzündung des Weihkessels geschlagen werden solle.

Dieses Argument ist als sehr wahrscheinlich anzusehen, denn im achten Jahrhundert hat man bereits im fränkischen Gebiet im Zuge der Christianisierung diese Zeremonie zur Verdrängung des heidnischen Frühlingsfestes der german- und der slawischen Völker eingeführt und es ist festzustellen, dass diese Rundnäpfchen in der Lausitzer Gegend ausschließlich an der nach Osten ausgerichteten Mauer (von dort kommt das Morgenlicht, als Symbol für die Auferstehung) einer Kirche zusehen sind.

Die zweite wäre folgende, auch sehr plausibel klingende Erklärung, nämlich die Gewinnung von „Kirchenstaub“. Dazu muss man wissen, dass im Mittelalter der Glaube an Wunderwirkungen von heiligen Reliquien in voller Blüte stand und so ist es nicht verwunderlich, dass in der Volksmedizin der Glaube an die Heilkraft von „Kirchenstaub„ eine bedeutende Rolle spielte.

Es musste, wenn es wirken sollte, zu einer bestimmten Zeit (meistens in der Geisterstunde) und im gläubigen Vertrauen mit „Heiligen Wasser“ auf die kranke Stelle gelegt oder eingenommen werden. Dieses „Heilmittel„ sollte besonders bei der Kulka, der sogenannten „Mutterplage“ hilfreich sein.

Noch heute werden in verschiedenen Wallfahrtskirchen diese sogenannten „Staubgeschäfte„ sehr lukrativ betrieben.

Eine dritte wäre, dass die runden Löcher dadurch entstanden sind, weil bei Prozessionen die verwendeten Fackeln von den Fackelträgern vor dem Eintritt in die Kirche ausgelöscht bzw. „ausgedreht“ worden sind und dadurch die „Rundnäpfchen„ entstanden sind.

Quelle: Günter Kalliske, Die Calauer Schweiz, REGIA-CO-WORK, 2019