Der Wehrwolf von Bedburg

Des Teufels Bund mit Peter Stubbe

Eine wahrhaftige Abhandlung, die das verdammenswerte Leben und den Tod eines gewissen Peter Stubbe beschreibt. Dieser war ein niederträchtiger Hexer, der als ein Wolf viele Morde verübte und dieses teuflisch 25 Jahre lang fortsetzte und tötete und verschlang: Männer, Frauen und Kinder.
Er wurde wegen all dieser Taten verhaftet und hingerichtet am 31. Oktober in dem Ort Bedburg in der Nähe der Stadt Köln in Deutschland.
Dies alles wurde buchstabengetreu übersetzt aus dem Hochdeutschen gemäß dem Flugblatt, das man in Köln druckte. Es wurde nach England gebracht durch George Bores mit der amtlichen Post am 11. Juni 1590. Bores hat tatsächlich alles sowohl gesehen als auch gehört.

Eine wahrhafte Abhandlung, die das Leben und den Tod des Peter Stubbe beschreibt, der ein niederträchtiger Hexer war. Diejenigen, denen es der Herr erlaubt, ihrer eigenen Herzen zu folgen, indem sie seine angebotene Gunst ausschlagen, gehen am Ende durch Herzenshärte und unter Mißachtung seiner väterlichen Gnade den direkten Weg zur Absage und endgültigen Verdammnis des Leibes und der Seele. So kann es in dieser hier vorliegenden Geschichte gesehen werden: Die Absonderlichkeiten darin - verbunden mit den verübten Grausamkeiten und dem langen Zeitraum, in denen sie verübt wurden - können viele in Zweifel stürzen, ob dies wahr sei oder nicht. Dies sind die Gründe für manche falsche und sagenhafte Annahme, die demzufolge in der Vergangenheit gedruckt wurde; dies hat auch viele Zweifel in den Herzen aller Menschen aufkommen lassen. Denn heutzutage befürchten einige tatsächlich, daß es überhaupt nicht so sicher sei.

Aber dies entbehrt jeder Spur einer Lüge oder Falschmeldung. Nachdem ich diese Geschichte gelesen habe, bitte ich zunächst um Vorurteilslosigkeit und dann um geduldiges, sorgfältiges Lesen, denn sie ist veröffentlicht worden, um Beispiel zu geben. Letzten Endes aber auch, um alles, was man so bequemlichkeitshalber aus Vernunft und Klugheit denkt, anzuprangern in Anbetracht der Raffinesse, die der Satan aufbringt, um die Seelen zu vernichten, den großen Aufwand, was alles die feinen Praktiken der Hexerei erreichen, deren Frucht der Tod und die ewige Verdammnis ist.

Und dennoch zu allen Zeiten ausgeübt seitens der verkommenen und niederträchtigen Subjekte dieser Welt - einige in dieser, andere in jener Art, eben, wie es dem Teufel versprochen wurde. Doch von allen, die jemals gelebt haben, war keiner mit diesem Höllenhund zu vergleichen, dessen Tyrannei und Grausamkeit ihn wirklich so auswiesen, daß sein Vater der Teufel war. Er war ein Mörder seit seiner Geburt; sein Leben und Sterben und sein blutiges Treiben werden im Folgenden dargestellt. Und das alles rechtfertigt diesen Bericht.

In den Orten Epprath und Bedburg in der Nähe Kölns in Oberdeutschland wurde dieser Peter Stubbe großgezogen und ernährt. Seit frühester Jugend hatte er einen großen Hang zum Bösen. Er praktizierte unerhörte Tricks und Kniffe schon seit dem 12. Lebensjahr bis zum zwanzigsten. Und so machte er weiter bis zu seinem Todestag, dermaßen, daß er sich verlor an verdammenswerte Zauberwünsche, an die Nekromantie und Hexerei. Das machte ihn vertraut mit vielen teuflischen Geistern und feendes. Das führte so weit, daß er vergaß, daß der Heilige GOTT ihn erschaffen hatte und daß der HEILAND sein Blut gab, die Menschheit zu erlösen.

Schließlich - ohne an sein Seelenheil zu denken - übergab er dem Teufel auf ewig seinen Leib und seine Seele. Er wollte kleine sinnliche Vergnügungen im diesseitigen Leben, er wollte berühmt werden, die ganze Welt sollte von ihm reden - wenn er auch den Himmel darüber verlieren würde! Der Teufel, der ein offenes Ohr hat, um auf die geilen Wünsche verdammter Menschen einzugehen, versprach, ihm alles zu geben, was immer sein Herz während seines irdischen Lebens wünschen würde: Daraufhin wünschte dieser wilde und scheußliche Wicht weder Reichtümer noch gesellschaftlichen Aufstieg; es lag ihm auch nichts an ständigen oder äußerlichen Vergnügungen - er hatte vielmehr ein tyrannisches Herz und einen blutrünstigen Geist.

Deshalb wünschte er zu seinem Vergnügen, daß er seine Schlechtigkeiten ausüben könnte an Männern, Frauen und Kindern in Gestalt irgendeines wilden Tieres. Dabei möge er ohne Angst und Lebensgefahr leben und unerkannt der Vollstrecker aller möglichen blutigen Unternehmungen sein, die er meinte begehen zu müssen. Der Teufel, der in ihm ein williges Instrument erkannte, Unheil anzurichten und auch niederträchtige feend freute sich über den Wunsch zum Bösen und zur Zerstörung. Er gab ihm einen Gürtel - wenn er den umgebunden hätte, würde er sofort verwandelt in die Gestalt eines gefräßigen, alles verschlingenden Wolf, stark und mächtig, mit großen und übergroßen Augen, die in der Nacht funkeln würden wie Feuerbrand; ein riesiges, weites Maul mit den schärfsten und grausamsten Zähnen, einen riesengroßen Leib haben und mächtige Tatzen.

Den Gürtel sollte er nicht eher ablegen, wenn er nicht augenblicklich seine vorige Gestalt annehmen wollte - entsprechend den männlichen Proportionen - so als wäre er niemals verwandelt gewesen. Peter Stubbe hörte, und es übertraf seine Erwartungen, und der Vorschlag stimmte ausgezeichnet mit seiner Veranlagung überein, die dem Blut und der Grausamkeit zugetan war. Deshalb war er mit dieser seltsamen und teuflischen Gabe einverstanden.

Vom widerwärtigen Treiben

Es gab nichts Schreckenerregenderes, nichts Größeres. Aber das müßte versteckt werden in einem kleinen Raum, wenn er sich aufmachen würde, um die verschiedenen scheußlichen und wilden Morde zu verüben, zu denen niemand vor ihm fähig war. Er würde unaufhörlich Rachedurst haben, und nicht länger sollten sie oder irgendeiner von ihnen über die Felder gehen oder um die Stadt herum: in Gestalt eines Wolfes würde er ihn sofort angreifen, und nicht eher Ruhe geben, bis er ihre Kehlen herausgerissen hätte.

Und als er auf den Geschmack gekommen war, gewann er ein derartiges Gefallen und Vergnügen am Blutvergießen, daß er Tag und Nacht durch die Felder strich und fürchterliche Grausamkeiten verübte. Zu verschiedenen Zeiten ging er harmlos durch die Straßen Kölns, Bedburgs und Eppraths in bequemer Kleidung wie jemand, den alle gut kannten. Oft wurde er sogar von jenen gegrüßt, deren Freunde und Kinder er abgeschlachtet hatte, aber niemand ahnte etwas davon. In den genannten Orten - glaubt es mir - ging er hin und her. Und falls er irgendein Mädchen, eine Frau oder ein Kind entdeckte, woran er Gefallen fand, wenn sein Herz höher schlug, wartete er darauf, bis sie aus der Stadt kamen und sah zu, wie er sie auf irgendeine Weise alleine treffen konnte. Er folgte ihnen alleine, riß sie im Felde nieder und in seiner Wolfsgestalt ermordete er sie dann.

Wenn er durch die Felder streifte, konnte es sogar geschehen, daß er eine Schar Mädchen beobachtete, die miteinander spielten oder andere, die gerade ihre Kühe melkten. In seiner Wolfsgestalt stürzte er unter sie. Während die übrigen die Flucht ergriffen, war er sicher, daß er eine unter sich zu liegen brachte. Wenn er dann seine ekelhafte sinnliche Begierde gestillt hatte, ermordete er sie danach. Außerdem - wenn er Lust hatte oder er kannte welche von ihnen, dann prüfte er zunächst, welche ihm gefallen würde. Die wurde verfolgt - ganz gleich, ob sie vorne oder hinten war. Er trennte sie ab von den übrigen, denn dazu verhalf ihm die Schnelligkeit seiner Läufe, weil er ja währenddessen ein Wolf blieb. Er war so schnell daß er den schnellsten Windhund der Gegend überholen würde. Diese Abscheulichkeiten verübte er so oft, daß das ganze Land in Furcht war vor den Grausamkeiten dieses verfluchten, reißenden Wolfes. Der aber setzte seine teuflischen und verdammenswerten Taten fort.

Im Verlauf mancher Jahre ermordete er dreizehn Kinder, zwei nette junge Frauen, die ein Baby erwarteten. Denen riß er die Ungeborenen in der blutdürstigsten und brutalsten Art aus dem Mutterleib. Dann fraß er ihre Herzen heiß geifernd und roh. Dies hielt er für Leckerbissen und die beste Nahrung für seinen Hunger. Darüber hinaus tötete er Lämmer, Zicklein und anderes Vieh, die er alle auf dieselbe außergewöhnliche grausame und blutige Art fraß, als wäre in der Tat ein echter Wolf dagewesen. Schließlich fürchteten alle Leute nichts weniger als diese seine teuflische Hexerei.

Er lebte damals mit einem hübschen jungen Mädchen zusammen: seiner Tochter. Auch zu ihr trieb ihn die unnatürlichste Geilheit, und grausam vollzog er an ihr die gemeinste Blutschande - eine himmelschreiende und niederträchtige Sünde - weit schlimmer noch als Ehebruch und Vergewaltigung; wenngleich jede der drei Sünden die Seele todsicher in das Höllenfeuer führt - es sei denn, er würde von Herzen bereuen und Gott ist barmherzig. Diese seine Tochter zeugte er, als er noch nicht so niederträchtig war. Sie wurde Beell Stubbe gerufen. Ihre Schönheit und Anmut wurde von allen geschätzt und gelobt, die sie kannten.

Und so stark war seine außergewöhnliche Geilheit und waren seine schmutzigen Wünsche, daß er mit ihr ein Kind zeugte, während er sie Tag für Tag als seine Konkubine gebrauchte. Aber wie eine unersättliche Bestie - den Greueltaten hingegeben - lag er auch mit Gier seiner eigenen Schwester bei. Über lange Zeit suchte er häufig deren Gesellschaft - eben so, wie die Niederträchtigkeit seines Herzens ihn führte. Nach einiger Zeit ließ er seine Gevatterin kommen oder: schickte er nach seiner Gevatterin, um fröhlich und ausgelassen zu sein in seinem Hause.

Wie er dort weilte, gewann er die Frau durch seine ausgelassenen und schmeichlerischen Reden. Und so überredete er sie und blieb im Hause. Er lag bei ihr und immer hatte er ihre Gesellschaft so, wie er wollte. Diese Frau hieß Katherine Trompin, eine Frau von hoher und attraktiver Gestalt, aufregend schön, wohl angesehen und eine, die hoch geschätzt wurde seitens ihrer Nachbarn. Aber seine lüsterne und außergewöhnliche Geilheit wurde nicht befriedigt durch die Gemeinsamkeit mit mehreren Beischläferinnen; auch gab sich seine niederträchtige Lüsternheit nicht zufrieden mit der Schönheit einer einzigen Frau. Schließlich schickte ihm der Satan einen lüsternen Geist in Gestalt und Erscheinung einer Frau, so schön von Angesicht und von attraktiver Persönlichkeit, daß es eher einer himmlischen Helena glich denn irgendeinem sterblichen Geschöpf: so weit überstrahlte ihre Schönheit die auserlesene Art von Frauen. Und mit ihr blieb er - zur Freude seines Herzens - sieben Jahre zusammen.

Wenn sie sich am Ende in der Tat als nichts anderes als ein Teufel erwies und so befunden wurde, diese geile Sünde der Lüsternheit konnte nichts anderes seine schrecklichen und verfluchten Begierden besänftigen. Aber - seinen unstillbaren Blutdurst weiter löschend - fand er darin ein so großes Vergnügen, daß er erklärte, keinen Tag in Freude zugebracht zu haben, wenn er nicht Blut vergossen hätte; und dies ohne Rücksicht darauf, wieviel er ermordete. Und die Art, wie er mordete und vernichtete und aus welchem Grund - daraus ergibt sich der Beweis für die eigenartige Ausprägung seines grausamen und verhärteten Herzens. Weil er gezeugt in der Blüte und Kraft seiner Reife die erste Frucht seines Leibes, an dem er so viel Freude hatte, daß er ihn allgemein sein Herzensglück nannte. Jedoch sein Vergnügen zu töten, überschritt seine Freude, die er für seinen einzigen Sohn empfand, daß ihm nach dessen Blut dürstete. Eines Tages lockte er ihn in die Felder und von dort in einen nahen Wald.

Dort entschuldigte er sich wegen eines natürlichen Bedürfnisses. Der junge Mann ging indessen weiter. Verwandelt in Gestalt und Erscheinung eines Wolfs, sprang seinen eigenen Sohn an und stürzte sich so grausam auf ihn, daß er am Boden lag. Augenblicklich fraß er das Hirn aus seinem Schädel als eine besonders schmackhafte und leckere Köstlichkeit - gerade recht, seinen unbändigen Hunger zu stillen. Es war dies die abscheulichste Tat, die man jemals von einem Menschen berichtete: vollkommen entartet.

Lange Zeit setzte er dieses gemeine und schurkische Leben fort, manchmal in der Gestalt als Wolf, manchmal als Mann; manchmal in den Ortschaften und Städten und manchmal im Unterholz der Wälder, das sie begrenzte. Wie die deutsche Flugschrift glauben macht, traf er eines Tages zwei Männer und eine Frau und er spürte heftiges Verlangen, sie zu töten. Um seine teuflische Absicht besser durchführen zu können und weil er befürchtete von ihnen überwältigt zu werden und weil er einen von ihnen namentlich kannte, wollte er gerade diese Taktik nutzen, um ihnen ein Ende zu machen. Ganz geschickt hielt er sich fern und beobachtete sie außerhalb ihres Gesichtskreises.

Aber sobald sie sich der Stelle näherten, wo er lauerte, rief er einen mit seinem Namen. Der Betreffende hörte sich ein oder zweimal bei seinem Namen gerufen und vermutete, es sei ein naher Freund, der sich spaßeshalber versteckt habe. Er verließ die Gruppe in Richtung der Stelle, woher die Stimme kam, um nachzusehen, wer es wohl sei. Aber sofort war er mitten in der Gefahr, die von diesem verwandelten Mann ausging, und sofort wurde er an dieser Stelle ermordet Die übrigen seiner Gruppe blieben seinetwegen stehen und warteten auf seine Rückkehr und meinten, daß er zu lange ausbliebe. Da ließ der andere Mann die Frau stehen und ging ihn suchen.

Bei dieser Gelegenheit wurde auch der zweite Mann getötet. Als die Frau keinen der beiden wieder zurückkommen sah, ahnte sie, daß irgendein Unglück über sie gekommen sei. Deshalb nahm sie ihre ganze Kraft zusammen und versuchte, sich durch die Flucht in Sicherheit zu bringen. Aber es half nichts - sie wurde auch bald überwältigt von diesem leichtfüßigen Wolf. Sie wurde von ihm zunächst vergewaltigt. Danach brachte er sie grausam um. Die Männer wurden später zerfleischt im Walde gefunden; aber die Leiche der Frau wurde niemals mehr gesehen - der Unhold hatte sie wolfshungrig verschlungen. Er schätzte ihr Fleisch zweifach: der Geschmack war süß von köstlichem Geschmack.

So verbrachte dieser verfluchte Peter Stubbe einen Zeitraum von fünfundzwanzig Jahren, ohne daß er verdächtigt wurde, der Urheber so vieler grausamer und unnatürlicher Morde zu sein. In dieser Zeit hatte er zerstört und vernichtet eine unbekannte Zahl von Männern, Frauen und Kindern, von Schafen, Lämmern und Ziegen - auch anderes Vieh. Wenn er nämlich wegen der Wachsamkeit der Leute weder Männer, Frauen noch Kinder in seine Gewalt bringen konnte, dann wütete er grausam wie brutale und schonungslose Bestien. Er verübte mehr Untaten und Grausamkeiten, als man glauben möchte, obgleich Deutschland aufgefordert war, die Wahrheit von alldem herauszufinden.

Aufgrund dieser Verhältnisse fühlten sich bald die Bewohner von Köln, Bedburg und Epprath gefährdet, geplagt und verunsichert durch diesen gefräßigen und grausamen Wolf. Dieser brachte unaufhörlich Schaden und Unheil, daß nur wenige oder gar keiner zu reisen wagte - hin zu diesen Orten oder von diesen weg ohne sicheren Geleitschutz aus Furcht vor diesem reißenden und grimmigen Wolf.

Zu ihrem Leidwesen und mit wehem Herzen fanden nämlich die Einwohner weit verstreut über die Felder die Arme und Beine toter Männer, Frauen und Kinder. Sie wußten, daß alles dieses verübt würde von jenem seltsamen und greulichen Wolf. Sie hatten keine Ahnung, wie sie ihn fassen und überwältigen könnten. Sie hatten, wenn ein Mann oder eine Frau ihr Kind vermißten, keine Hoffnung, es jemals lebend wiederzusehen; sie waren sich sicher, daß der Wolf es vernichtet hatte.

Des Wehrwolf üblen Endes

Aber hier muß nun eine seltsame Sache vermerkt werden. Sie beweist wieder einmal die große Macht und die Fürsicht Gottes für das Heil jedes Christenherzens.

Eines Tages spielten einige kleinen Kinder miteinander in einer Wiese nicht weit vor der Stadt; dort weideten auch einige Kühe. viele hatten Kälber, die an ihnen säugten. Da stürzte plötzlich dieser wilde Wolf zwischen die Kinder. Und er packte ein liebreizendes Mädchen am Kragen mit der Absicht, ihre Kehle freizulegen. Aber, und das war Gottes Wille, er konnte den Kragen nicht vom Mantel des Kindes reißen, Der Kragen war nämlich hoch und sehr gut gestärkt und umschloß fest seinen Nacken. Die übrigen Kinder schrien so laut sie konnten und ergriffen die Flucht.

Die grasenden Rinder wurden aufgescheucht und fürchteten, daß sie ihrer Kälber beraubt werden könnten. Sie alle zusammen liefen auf den Wolf zu mit solch einer Gewalt, daß der gezwungen war, seine Beute fahren zu lassen und fliehen mußte vor ihren drohenden Hörnern. Durch die Hörner wurde das Kind vom Tod errettet und - dem Herrn sei Dank - es überlebte diesen Tag.

Dieser Vorfall ist wirklich wahr: Meister Tice Artine, ein Braumeister, wohnhaft in London am Puddle, ist ein Mann, der in dieser Gegend geboren wurde. Er steht in gutem Ansehen und hat einen guten Ruf. Und Meister Artine kann alles bezeugen, denn er ist ein direkter Verwandter des betreffenden Kindes. Er hat von dort zweimal Briefe erhalten, die dies alles bestätigen. Über den ersten Brief war er verwundert, daß er Bedenken anmeldete. Kurz nachdem er um Nachricht gebeten hatte, wurde ihm noch ein Brief geschickt. Der klärte ihn über alles auf. Schließlich haben noch verschiedene andere durchaus glaubwürdige Leute in London über den selben Vorfall Briefe erhalten mit der selben Darstellung.

Es wurde in den deutschen Städten ein „ewiges Gebet“ angeordnet, daß es Gott gefallen möge, sie alle aus der Gefahr dieses schrecklichen Wolfs zu erretten. Nachdem sie alles Menschenmögliche getan hatten, um diese grauenhafte Bestie zu fangen, hatte endlich der Herr dessen Untergang beschlossen. Sie konnten in keiner Weise etwas ausrichten: daß sie täglich ihr Vorhaben fortsetzten und täglich versuchten, ihn zu fangen. Zu diesem Zweck hielten sie ständig große Bulldoggen und äußerst kräftige Doggen, um die Bestie zu jagen und zu erlegen - ganz gleich, wo man sie finden würde.

Letztlich aber - als sie bereit waren und ihn suchten, da gefiel es Gott, daß sie ihn erspähten in seiner wölfischen Gestalt. Sofort legten sie sich um ihn herum und setzten ganz vorsichtig so ihre Doggen auf ihn an, daß es keine Aussicht auf Flucht gab. In so günstiger Situation hatten sie ihn bisher noch nicht bekommen können. Und so, wie Gott der Herr den Goliath in die Hände Davids fallen ließ, so wurde der Wolf in die Hände dieser Männer gegeben. Für den aber gab es - wie ich vorhin schon sagte - keine Möglichkeit zur Flucht aus der drohenden Gefahr. Als man ihm so hart auf den Fersen war, schlüpfte Peter Stubbe aus seinem Gürtel, wodurch sich die Wolfsgestalt ganz auflöste.

Er kam sofort in seiner wahren Gestalt und Erscheinung zum Vorschein, hatte er einen Stab in der Hand wie jemand, der zur Stadt gehen wollte. Aber die Jäger, deren Augen fest auf die Bestie gerichtet waren, sahen ihn eben an derselben Stelle - ganz gegen ihre Erwartung - verwandelt. Es ergriff sie eine unbeschreibliche Verblüffung, und war es nicht so, daß sie den Mann augenblicklich erkannten.

Sie hatten tatsächlich den selben ergriffen, der ein Teufel in Menschengestalt gewesen war. Aber genauso gut erkannten sie ihn als alteingesessenen Bewohner des Städtchens. Sie gingen auf ihn zu und sprachen mit ihm. Dann zwangen sie ihn, mit ihnen nach Hause zu gehen, und da fanden sie schließlich bestätigt, daß er wirklich war - da gab es keinen Irrtum oder eine phantastische Selbsttäuschung. Daraufhin schleppten sie ihn vor das Gericht, damit er verhört werde.

Nach seiner Verhaftung wurde er kurzerhand in die Folterkammer der Stadt Bedburg gebracht. Aber er fürchtete sich vor der Folter, war er bereit, sein ganzes Leben offen zu legen. Er schilderte seine Boshaftigkeiten, die er innerhalb der 25 Jahre verübt hatte. Er bekannte auch, wie er durch Hexerei sich beim Teufel den Gürtel besorgte, der - umgelegt - ihn zum Wolf machte. Er sagte aus, daß er den Gürtel bei seiner Verhaftung weggeworfen habe in einem bestimmten Tal und dort habe er ihn liegen gelassen.

Als dies die Richter hörten, schickten sie in diesen Hohlweg, um zu suchen. Aber als die dort ankamen, fanden sie überhaupt nichts. Also nahm man an, daß er zum Teufel gegangen sei. Von dort sei er ja auch gekommen und deshalb sei es nicht möglich, ihn zu finden. Nun also hatte der Satan einen armen Schelm ins Elend gestürzt - und zwar so tief er nur konnte. Er ließ ihn nun all die Qualen erleiden, die er wegen seiner Untaten verdient hatte.

Als er eine Weile im Gefängnis gesessen hatte, fand das Gericht bei den vorgeschriebenen eindringlichen Verhören heraus, daß die beiden - seine Tochter Belle Stubbe und Katharina Trompin - Mitschuldige wären bei der Ausführung verschiedener Morde. Dafür und auch wegen ihrer übrigen obszönen Lebensweise mußten sie bestraft werden. Zusammen mit Peter Stubbe wurden sie verurteilt. Die einzelnen Urteile wurden am 28. Oktober 1589 verkündet.

Dazu ist im einzelnen zu sagen: Peter Stubbe - als der Hauptübeltäter - wurde zunächst dazu verurteilt, daß sein Leib auf ein Rad gelegt werde und daß mit rotglühenden Kneifzangen an zehn verschiedenen Stellen das Fleisch bis auf die Knochen herausgerissen werde. Danach sollten seine Beine und Arme gebrochen werden miteinem Hackbeil. Danach soll sein Kopf vom Körper abgeschlagen werden, und zuletzt dann sollte sein Kadaver zu Asche verbrannt werden.

Auch seine Tochter und seine Gevatterin wurden verurteilt, zu Asche verbrannt zu werden. Zur selben Zeit und am selben Tag zusammen mit dem Leichnam des eben genannten Peter Stubbe. Am 31. desselben Monats erlitten sie dem Urteil entsprechend in der Stadt Bedburg den Tod - in der Anwesenheit vieler Adeliger aus Deutschland.

In diesem ausführlichen Text habe ich die wahre Geschichte dieses gemeinen und niederträchtigen Menschen des Peter Stubbe, niedergeschrieben. Ich meine, er soll eine Warnung sein an alle Zauberer und Hexen, die ohne Rücksicht auf Gesetze ihrer eigenen Vorstellung folgen, um ihre Seelen auf ewig zu zerstören und zu vernichten - eben durch verhexte und verdammenswerte Lebensweise und durch die Grausamkeit ihrer gemeinen Herzen. Ich flehe zu Gott, daß er alle guten Menschen beschütze. Amen.

Nach der Hinrichtung wurde auf Anweisung des Bedburger Gerichts ein hoher Pfahl aufgerichtet und fest verankert. Dieser ging zuerst durch das Rad auf dem man ihm die Glieder gebrochen hatte. Und da oben machte man es fest. Danach setzte man ein wenig höher auf das Rad die Figur eines Wolfs aus Holz gefertigt. So sollten alle Leute sehen, daß er wegen solcher Grausamkeiten hingerichtet wurde. Ganz oben auf die Spitze der Stange setzte man Kopf des Hexers. Rund um das Rad hängte man sechzehn Holzlatten etwa ein Yard lang. Diese symbolisierten die sechzehn Menschen, von denen man genau wußte, daß sie durch ihn umgebracht worden waren. Dies alles - so wurde angeordnet - sollte dort stehen bleiben als ständiges Mahnmal für alle folgenden Zeiten. Es sollte zeigen, wie die Morde des Peter Stubbe bestraft wurden im Auftrag seiner Richter - wie es dieses Bild noch ausführlicher zeigt, Zeugnis daß das alles wahr ist

Quelle: Ernst Schopen; www.elmar-lorey.de