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Die seltsame Kugel

  Geyerswalde

In Geyerswalde führte in alten Zeiten ein Graben unter einem Hause hindurch. Man konnte mit Leichtigkeit zu dem Graben gelangen. Eines Tages sah man darin eine Kugel. Niemand wusste, wie sie dort hineingekommen war. An dem Tage, an welchem man die Kugel bemerkt hatte, wurde alles Vieh im Dorfe von einer Seuche befallen. Da lenkte sich der Verdacht auf die Kugel. Um dem Viehsterben abzuhelfen, wälzten die Bauern einen grossen Stein auf dieselbe. Alsobald erlosch die Seuche.

Einige Zeit darauf brannte das Haus, unter welchem der Graben war, nieder. Dabei wurde der Graben verschüttet. Stein und Kugel blieben aber an ihrem Orte.

Eine eigentliche Seuche ist in dem Dorfe nicht wieder ausgebrochen, aber die Nachwirkung der Kugel ist daran zu verspüren, dass das Vieh derjenigen Bauern von einer Seuche befallen wird, welche an einem Sonnabend Dünger fahren. Deshalb wagt es Niemand aus dem Dorfe mehr, diese Arbeit an einem Sonnabend zu verrichten.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880