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Der Gesang der Pšezpolnica

  Stradow

In den Dörfern Stradow und Suschow geht die Sage von einer weißen Frau, welche den Flachswiethern und anderen Personen zur Mittagszeit erschienen ist. Das letzte Mal ist dieselbe im Jahre 1811 einer Frau aus dem Dorfe Stradow erschienen. Als nämlich die Frau fleissig ihren Flachs wiethete, erscholl in der Ferne ein wunderschöner Gesang, ein Gesang so schön, wie ihn die Frau noch nie gehört hatte. Sie dachte bei sich, es ist gewiss irgend ein des Weges ziehendes Landmädchen, welches singt, aber sowie sie ihre Blicke nach jener Gegend wandte, von wo der Gesang erscholl, sah sie zu ihrem Erstaunen eine wunderschöne Frauengestalt, in weiße Gewänder gehüllt, welche ein Bund Flachs auf dem Rücken trug. Die weiße Frau zog dicht an ihr vorüber und verschwand im Erlengebüsch am Stradower Fliess.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880