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Friedrich der Grosse in Sielow

In Sielow haben jetzt die Bauern ihren Acker zu eigen. Das ist aber früher anders gewesen, denn der ganze Acker gehörte einem strengen Gutsherrn, die Bauern aber waren ihm unterthänig. Dieser Gutsherr war nun so streng, dass das Gerücht davon auch zu Friedrich dem Grossen gelangt war. Der beschloss die Sache selbst zu untersuchen. Er begab sich zu diesem Zwecke verkleidet und in dem schlechtesten Anzuge nach Sielow. Hier nahm er bei einem Bauer Dienste, mit diesem musste er am nächsten Tage zum Herrendienst. Bevor er seine Arbeit begann, stopfte er sich eine Pfeife: der Gutsherr sah das und drohte ihm. Am andern Morgen verspätete er sich etwas, da drohte ihm der Gutsherr mit Schlägen. Nun sah der König wohl, dass Alles, was man von der Strenge des Gutsherrn erzählt hatte, wahr sein müsste, deshalb verschwand er am nächsten Tage wieder aus dem Dorfe; aber auch der Gutsherr konnte seine Strenge nicht mehr ausüben, denn kurze Zeit darauf wurde er in der Nacht abgeholt und kam nicht wieder, die Bauern aber erhielten das Land des Gutsherrn als freies Eigen.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880