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Esset aber den Kuchen lasst ganz

  Forst

Einst pflügten zwei Bauern ihren Acker mit Ochsen. Als es Mittag geworden war, hatten sie grossen Hunger bekommen. Sie hatten jedoch auf das Feld nichts zu essen mitgenommen; so konnten sie ihren Hunger nicht stillen. Da sprachen sie, als sie, am Endes ihres Ackers, bei einem wasserlosen Graben angekommen waren: „Wenn doch die Ludki kämen und uns einen Kuchen brächten.“ Darauf pflügten sie weiter. Als sie wieder zur Stelle kamen, sahen sie einen Kuchen und dabei lag ein Messer; dazu hörten sie eine leise, schwache Stimme, welche sprach: „Esset aber den Kuchen lasst ganz.“ Erst wussten die Bauern nicht, wie sie das anfangen sollten, endlich aber fiel ihnen das Richtige ein: sie schnitten von dem Kuchen die Mitte heraus und assen sich daran satt, den Rand aber liessen sie ganz. Darauf pflügten sie weiter; als sie wieder an die Stelle kamen, war Alles verschwunden.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880