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Die Kirche von Madlow

  Madlow

Die Madlower wollten ihre Kirche ursprünglich dort bauen, wo jetzt die Vogelskaupe ist. Allein so oft man auch den Grund gelegt hatte, immer war er des Morgens wieder verschwunden. Da stellte man einen Wächter auf. Allein diesen erfasste des Nachts ein Grausen und er lief davon. Endlich erbot sich ein sehr beherzter Mann, er wolle die Wache übernehmen. Als es zwölf Uhr schlug, kam ein Wagen angefahren, welchen zwei schwarze Ochsen zogen. Die Ochsen hatten grosse, feurige Augen. Sobald der Wagen zur Stelle war, sprang ein kleiner, schwarzer Mann von demselben herab, riss die Mauern ein, belud mit den Steinen den Wagen und fuhr damit fort. Als es eins schlug, hatte er sein Werk vollbracht. Darauf sagte er zu dem Wächter: „So lange Ihr hier bauen werdet, werde ich jedes Mal den Bau zerstören, denn dieser Ort ist verflucht. Wollt Ihr eine Kirche bauen, so mögt Ihr es dort drüben thun.„ Bei diesen Worten zeigte er nach jener Stelle hin, wo jetzt die Kirche steht

Kaum hatte er die Worte gesprochen und den Ort bezeichnet, so war Mann und Wagen verschwunden. Der Wächter erzahlte am andern Morgen, was er erlebt hatte. Darauf begann man sofort den Bau an der bezeichneten Stelle. Jetzt wuchsen die Mauern der Kirche schnell empor. In der Nacht aber Tor der Einweihung der neuen Kirche erschien der kleine Mann dem früheren Wächter wieder und sprach: „Habe Dank, dass Du Alles ausgerichtet hast, wie ich es Dir gesagt habe. Nun bin ich erlöst.“ Kaum hatte das Männchen die Worte gesprochen, so war es verschwunden. An der Stelle, wo das Männchen gestanden hatte, fand sich ein Häufchen Asche.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880