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Die Spukmühle

  Leipe

Dicht bei dem Dorfe Leipe im Spreewalde lag früher die Katzensteg’sche Mühle. Von der Mühle geht folgende Sage. Vor ungefähr fünfzig bis sechzig Jahren trieben dort böse Geister ihr unheimliches Wesen. Um Mitternacht erhob sich Nacht für Nacht ein furchtbarer Lärm: man hörte lautes Poltern und Katzengeschrei. Die Leute wandten alle mögliche Mühe an, um diesen Spuk zu vertreiben, aber nichts half. Bald wurde die Mühle von ihren Bewohnern verlassen.

Da, eines Tages kam ein reisender Scharfrichter in das Dorf. Dem wurde von dem seltsamen Treiben, welches in der Mühle vor sich ging, erzählt. Der Scharfrichter sagte: „Da will ich bald helfen!“ Er begab sich Nachts in die Mühle und liess in dem Zimmer einen Tisch aufstellen, auf den Tisch aber zwei Leuchter mit brennenden Kerzen. Dann zog er einen grossen Kreis um den Tisch. Darauf setzte er sich in der Mitte des Kreises auf einen Stuhl, legte auch ein scharfes Messer vor sich auf den Tisch und begann seine Beschwörungen.

Alle Wächter in der Umgegend bliesen die zwölfte Stunde. In demselben Augenblick erhob sich ein furchtbares Poltern und Katzengeschrei. Eine Menge von Katzen von allen Farben kamen zur Thüre herein. Die Katzen gingen aber nur bis zum Kreise und erhoben dann ein jämmerliches Geschrei. Mitunter wurde auch eine Stimme laut, welche sagte: „Geh Du hinüber, geh Du hinüber!“ Aber keine Katze wagte sich über den Strich.

Endlich langte eine alte, dicke Katze mit ihrer Pfote in den Kreis hinein. Da hieb der Scharfrichter mit seinem Messer nach derselben; er traf die Pfote dergestalt, dass sie blutete. Plötzlich zerstob die ganze Gesellschaft mit grossem Geschrei, und es wurde still in der Mühle.

Am andern Tage hiess es, die Frau des Amtmanns im nächsten Dorfe habe eine kranke Hand, sie habe sich geschnitten. Die Leute wussten aber gar wohl, was ihr fehlte; sie war eine Hexe und hatte mit den andern Frauen der Umgegend allnächtlich in der Mühle ihr Wesen getrieben.

Quellen: