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Die Frau des Schmieds

  Branitz

Einem Schmied, welcher in einem Dorfe bei Cottbus lebte, war das Gerücht zu Ohren gekommen, seine Frau sei eine Hexe. Um sich davon zu überzeugen, ob die Leute die Wahrheit redeten, beschloss er, in der nächsten ersten Mainacht auf ihr Thun und Treiben genau zu achten. Deshalb begann er, als der betreffende Abend nahte, zu schmieden. Seine Frau musste dabei am Ambos stehen und zuschlagen.

Es währte aber nicht lange, so bat die Frau ihren Mann, er möchte sie ein wenig fortlassen, sie müsse nach der Küche gehen, um dort zu trinken, denn es dürste sie sehr. Der Schmied aber erlaubte es nicht. Allein die Frau jammerte so lange, bis der Mann endlich, als es bereits halb zwölf in der Nacht war, ihr die Erlaubniss gab.

Die Frau stellte sich nun, nachdem sie getrunken hatte, sehr ermüdet und that so, als ob sie sich auf die Schwelle setzte, um auszuruhen. Nach etwa einer Viertelstunde besuchte den Schmied ein Nachbar und fragte, wo seine Frau sei? Der Schmied erwiederte: „Siehst Du sie denn nicht? Sie sitzt ja dort auf der Schwelle und ruht aus.“ Der Nachbar aber brach in ein lautes Gelächter aus und sagte: „Dort auf der Schwelle sehe ich nur einen Flederwisch.“ Da wusste der Schmied, dass seine Frau eine Hexe war: sie hatte an der Hexenfahrt doch Theil genommen und ihn durch Blendwerk getäuscht.

Am andern Morgen prügelte er seine Frau gehörig durch, um ihr die Lust an den Fahrten zu vertreiben.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880