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Gans fliegt mit zwei Knechten davon

  Kolkwitz

In der Walpurgisnacht entstand einst auf dem Viehhofe eines Bauers grosse Unruhe. Als man nachsah, bemerkten die Knechte eine Gans, welche fortwährend schreiend den Viehstall entlang lief. Die beiden Knechte des Gehöftes wollten das Thier hindern, solches Unwesen zu treiben. Sie machten sich daran, die Gans zu fangen. Es gelang ihnen auch, dieselbe zu ergreifen.

Plötzlich aber flog die Gans mitsammt den Knechten, welche ihre Beute nicht losliessen, über den Thorweg. Nach einem Weilchen liess sich die Gans wieder zur Erde nieder. Auch jetzt liessen die Knechte nicht los.

Da schlug es auf dem Kirchthurm eins. Mit dem Schlage eins hatten die beiden Knechte ein altes Weib unter ihren Händen. Das bat sie dringend, sie möchten es nicht verrathen, dann werde es ihnen gut gehen. Die Knechte aber hielten den Mund nicht. Darauf ist die alte Frau erkrankt und kurze Zeit darauf gestorben.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880