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Der Sinketeich bei Tautenhain

  S. Greß a. a. O. S. 55. 
  Eisel Nr. 691.

In der stillen waldfrischen Gegend des Klingelborn führte vor Alters eine große breite Heerstraße mitten durch den dunkeln grünen Wald hinein in die weite blaue Welt. Jetzt ist aber die alte Straße verfallen und vereinsamt, der breite Fahrweg ist mit Moos und Rasen überwachsen und das Wasser steht das ganze Jahr über in dem langen Riedgrase, dicht am Wege aber liegen einzelne, trübe Teiche. Den tiefsten und schwärzesten dieser sumpfigen Waldweiher nennt aber das Volk die Sinke oder den Sinketeich. Der Teich soll aber von folgender Begebenheit seinen Namen erhalten haben.

Einst fuhr ein reiches, stolzes Fräulein in kostbarer Equipage, begleitet von Dienern, diese Straße, da trat ein armer Greis ihr in den Weg und bat demüthig um eine Gabe. Das Fräulein aber hieß dem Kutscher die Pferde peitschen, dieselben rissen den Alten nieder und hohnlächelnd warf sie ihm einen Kieselstein als Zehrpfennig hin. Da that sich plötzlich die Erde auf, das Fräulein versank mit Wagen, Pferden und Dienerschaft, aus dem Schlunde aber, der sie aufgenommen hatte, quoll schwarzes Wasser hervor und bildete einen tiefen Teich, der seitdem die Sinke genannt wird.

Wer hineinfällt, kommt nie wieder heraus: er versinkt.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 354; Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource (Version vom 1.8.2018)