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Die rothen Spitzen

  S. Sachsengrün 1861 S. 41.

Als einstmals der Deutsche Kaiser Friedrich der Rothbart in Altenburg gewesen ist, es ist das aber schon siebenhundert Jahre her, hat er gesehen, daß Altenburg nur wenige Thürme hat, und er hat ein Paar Thürme bauen wollen. Aber er hatte just keinen Baumeister und Steinmetzen, der ihm einen Plan dazu machte. Da fiel ihm ein, daß sein rother Bart, der zweispitzig war, eine Spitze lang, eine Spitze kürzer, gar wohl geeignet sei, die Thürme nach ihm zu bauen. Und so geschah es. Unten wurden die Thürme durch ein Zwischenbau verbunden, oben ragten beide heraus, aus rothen Ziegelsteinen gebaut, der rechte Thurm länger, der linke kürzer, gerade wie die Bartspitzen. Oben darauf kamen spitzige Dächer mit Schiefer gedeckt und schauten nun über die ganze Stadt weg. So stehen sie noch heute dort, die rothen Spitzen, und kann man sich an ihnen einen Begriff machen, wie Rothbarts Bart beschaffen gewesen.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 308; Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource (Version vom 1.8.2018)