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Der Ursprung der Stadt Zwickau

  T. Schmidt, Chronica Cygnea. Zwickau 1656. 4. I. S. 7.

Ueber den ersten Ursprung der Stadt Zwickau existiren verschiedene Sagen. So erzählen Einige, der erste Erbauer derselben sei Cygnus, ein Sohn des Herkules gewesen, dem in jener Gegend vor Alters göttliche Verehrung gezollt worden. Andere sagen, ihr Gründer Cygnus sei ein Kriegsoberster des Arminius, des Besiegers des Varus gewesen, dem jener Landstrich von seinem Fürsten zur Belohnung für seine Tapferkeit überlassen worden. Wieder Andere berichten, der Name komme von der Fürstin Swanhildis her, die Karl dem Großen so muthig gegen die Wenden beigestanden, und habe der Kaiser aus Dankbarkeit die ganze Gegend von der Mulde bis zur Pleiße nach ihr benannt, daß sie also Schwanenfeld (Cygnea) fortan geheißen. Am alten Rathhaus war ihr und des Cygnus Bild mit folgenden Versen angebracht:

Der Cygnus ein sehr tapffer Held
Vnd Herr im gantzen Schwanenfeld,
Diese seine vornemste Stadt
Nach ihm Cygneam genennet hat. Circiter annum Christi 700.

Der letzte Zweig aus Cygni Geschlecht,
Jungfrau Schwanhildis hie herrschet recht,
Vnd weil nach ihr kein Erbe war,
Kam ihr Land an’s Römisch-Reich gar. Anno Christi 809.

Nach einer andern Ansicht habe der Kaiser bei Erbauung der Stadt drei Schwäne schwimmen sehen und daher der Stadt den Namen Schwanenfeld gegeben. Seit Kaiser Heinrich I. hieß die Stadt aber Zwickau, angeblich weil, als er die Stadt besah und sie viel kleiner fand, als er gedacht, er sagte: „Cygnea, Cygnea, Du bist gar sehr verzwickt, Du sollst fürder Zwicke heißen!“ Weil nun aber die Bürger von Zwickau Kaiser Heinrich III. gegen die Böhmen mannhaft beigestanden, hat er ihnen einen Freiheits- oder Gnadenbrief gegeben und ihnen darin gestattet, nach Art der Ritter Zwickelbärte zu tragen, und von diesen Bärten leiten ebenfalls Einige den Namen der Stadt ab.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 1