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Die unterbrochne Schatzgräberei zu Schneeberg

  S. Vorläufige kurze doch zuverlässige Nachricht von denen in Citirung der Geister 
  begriffen gewesenen Schatzgräbern, so am Sonntag Lätare, als den 22. März 1716 in 
  der Chursächsischen Ober-Ertzgebirgischen Bergstadt Schneeberg auf Obrigk. Befehl 
  überfallen und theils in gefängliche Verhaft gebracht worden. 
  Gedruckt nach dem Leipziger Exemplar 1716 in 4. S. a. Histor. Nachr. von unterird. 
  Schätzen von Variamando. Frankfurt und Leipzig 1738 S. 348 fgg.

Es befand sich zu Schneeberg ein Mann, Namens Bauer-Schnurr, welcher mit etlichen Schatzgräbern ein Complot gemacht, auf seinem Maltz-Haus-Boden durch ordentliche Citirung der Geister zu vernehmen, wo und wie man in dieser Gegend Schätze graben und finden könnte. Als nun die Obrigkeit hiervon Kenntniß erhalten, hat sie durch Gerichtsdiener diese Bösewichter überfallen und hatte man drei dieser Schatzgräber, einen Schmiedeknecht, einen Ingenieur aus Eisenach und einen Müller aus Wildenfels inhaftirt, einer aber, ein gewisser Hans Tietze aus Sangerhausen ist entsprungen, dem der sogenannte Bauer-Schnurr auch gefolgt ist.

Man hat nun aber folgendes gefunden. Unten auf dem Maltz-Haus-Boden war ein großer Kreis, 34 Ellen in der Runde geschlossen, mit Kreide dreifach hinter einander abgezeichnet. In dem einen waren viele Kreuze gemalt, in dem andern viele geistliche Sprüche eingeschrieben und in dem dritten wieder unterschiedliche Kreuze, auch andere Namen und Charatere mit Kreide abgezeichnet zu sehen und in der Mitte des Kreises stand ein mit einem weißen Tuche bedeckter Tisch, der hin und wieder mit Blut besprengt war, über diesem Zirkel und Tisch an der Decke waren angemalt allerhand Himmelszeichen und Sterne und auf die Papiere allerhand Sprüche geschrieben, so hingen. In der Mitte an der Decke war aber auf Papier abgemalt das Leiden Christi und allerhand Sprüche, ingleichen wiederum hebräische Buchstaben, unter dem Tische ein großes Kreuz, darauf der Tisch stand, dann auch eine Räucherpfanne mit Kohlen und die Schatzgräber hatten an diesem Tische, worauf die Bibel, der Psalter und ein Evangeliumbuch, sowie ein hölzernes Crucifix lagen, gesessen. Am Eingange des Kreises oder Zirkels war eine Oeffnung von 9 Ellen gelassen, auf selbiger aber fänd man die Evangelisten und Apostel abgezeichnet, wobei wieder eine Bibel lag.

Nach einem andern Berichte waren in dem ersten Zirkel der 12 Apostel Namen geschrieben und jedesmal zwischen ihren Namen ein Kreuz, in dem andern Zirkel die 7 Planeten und nach allen vier Ecken dieses Zirkels ein Crucifix, am Eingange des Zirkels war ein großer Bogen Papier, welcher im Eingehen überschlagen wird, darauf das Evangelium Johannis stand. In dem mittlern Zirkel zwischen den Planeten standen allerhand Sprüche als „Gott bewahre mich, Gott behüte mich etc.“ und hebräische Buchstaben und außer dem Zirkel war ein Stuhl gesetzt.

Ob nun die Schatzgräber wirklich etwas tentirt und gefunden haben, desgleichen was mit ihnen geworden, darüber verlautete nichts.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Schönfeld, Dresden 1874, Seite 545