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Der Stein bei Rauenstein

  Novell. beh. v. Dietrich a. a. O. S. 303 sq.

In der Nähe von Rauenstein steht ein Stein, der zum Andenken an die gräßliche Pest gesetzt ist, welche nach dem 30jährigen Kriege in jenem Theile des Erzgebirges wüthete. Es war nämlich zu Lengefeld die Pest ausgebrochen und dermaßen heftig, daß der Ort von der Umgegend völlig abgesperrt ward.

Nun war aber in Reifland ein junger Mann, der die Enkelin des Pfarrers zu Lengefeld zur Braut hatte. Dieser hatte gehört, man bekomme in Freiberg einen Pestessig, welchen die dortigen Todtengräber aus Kräutern bereiteten. Er eilte also dorthin, verschaffte sich eine Flasche davon und schlich sich mit Lebensgefahr durch den Militärcordon, weil er gehört hatte, der Vater seiner Braut sei an der Pest erkrankt. Zwar kam er zu spät, allein es gelang ihm doch, diese selbst, ihren Großvater und viele Andere damit herzustellen, bald verschwand die furchtbare Seuche und nachdem die Sperre aufgehoben war, beschloß man in Lengefeld und dem nahen Reifland eine Art Wiedersehens- und Auferstehungsfest auf der Mitte des Weges zwischen beiden Orten zu feiern. Dies that man auch, und jener Stein bewahrt noch heute das Andenken an jene schauervolle Zeit.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 501