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Das Männchen in der Grube zu Johann-Georgenstadt

  Engelschall a. a. O. S. 136. 
  Poetisch beh. v. Segnitz. Bd. I. S. 23. sq.

Am 7. August des Jahres 1719 arbeitete in dem Bergwerke zur Treuen Freundschaft vor dem tiefen Ort der Häuer Johann Christoph Schlott, und da man zu Mittag auspocht, hört er gegen den Schacht noch Jemanden husten, meint daher, es werde der Steiger vor Ort fahren, solches in Augenschein zu nehmen. Nachdem sich aber gleichwohl Niemand einstellt, will er auch ausfahren, und als er sich kaum umgewendet, nimmt er wahr, wie ihm Jemand vom Schacht her mit brennendem Grubenlichte entgegenkommt, welches Schlotten in seinem vorigen Wahn, daß es der Steiger sei, bestärkt. Doch da sie endlich Beide auf der Strecke zusammenstoßen, nimmt jener wahr, daß es ein sehr kleiner Mann in einem braunen Kittel ist, der eben, indem er an Schlotten vorbeifährt, sein Grubenlicht an’s Gestein hängt, so auch allsogleich hängen bleibt, nicht weniger auch die Tasche ablegt und zu Schlotten spricht: „ist schon Schicht?“ Denn die Bergleute fuhren an diesem Tage wegen der Beerdigung des Hammerwerksbesitzers J. Chr. Fischers eine Stunde früher aus. Ueber sothaner Anrede überfällt aber Schlotten ein Schauer, er eilt also davon und trifft keinen Arbeiter mehr in der Grube an, erzählt aber diese Begebenheit darauf dem Steiger, der zwar anfangs nebst den andern Arbeitern ihm nur schlechten Beifall giebt, endlich aber muß Schlott den Ort zeigen, woran das Männchen sein Grubenlicht gehangen, und weil man daselbst ein Klüftlein wahrnimmt, wird ein Schuß gebohrt, welcher auch sofort von Erz zeigt, und hat man hierauf unterschiedliche Quartale davon gute Lieferungen thun können.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 477