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Die Entstehung von Annaberg

  Textor, hist. Bildersaal d. sächs. Gesch. Meißen 1834. Bd. I. S. 279 sq.

Der Bergmann Caspar Nitzelt aus dem gleich zu erwähnenden Walddorfe Frohnau am Fuße des Schreckenberges ging am Abende vor dem Fronleichnamfeste des Jahres 1495 nach dem nahen Bache, um sich dort für das morgende Fest ein Gericht Fische zu fangen. Er wollte das Wasser etwas trübe machen und wühlte mit einem Stocke am Rande des Baches unter dem Wasser. Da fiel plötzlich durch dieses Wühlen ein Stückchen vom Uferrand herab und entblößte eine Bergart, die von Farbe grünlich war (dem Gänsekothe gleich).

Dem geübten Kennerauge Nietzelt’s fiel diese Bergart auf, er nahm etwas davon in die Hand, und da er bemerkte, daß sie schwerer als anderes Erdreich war, so trug er davon mit heim und ließ es in Geyer probiren, wo man denn fand, daß diese Gangart zwei Loth fein Silber enthielt. Nun muthete Nietzelt diesen Gang, gab ihm den Namen Fronleichnamsstolln, und derselbe lieferte bis zu seinem Erliegen die große Summe von 400,000 Guldengroschen (Speciesthalern) Ausbeute. Und als kurz darauf am Schreckenberge und seinem Nachbar, dem Schottenberge, mehrere glückliche Entdeckungen gemacht wurden, so wurde es auf einmal lebendig in diesem sonst so einsamen Thale.

Immer mehr Menschen strömten herbei, das Dorf Frohnau vermochte sie nicht mehr aufzunehmen, und es wurde also die Anlegung einer neuen Bergstadt beschlossen, zu welcher am 21. Septbr. 1496 der Grundstein gelegt wurde, die fünf Jahre hindurch den Namen Neustadt am Schreckenberge führte, bis dieser Name im Jahre 1501 in den Namen Annaberg verwandelt wurde, den diese Bergstadt heutiges Tages noch trägt.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 445