<<< zurück | Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen - Band 1 | weiter >>>

Der Ursprung des Namens Uebelessen in Leipzig

  Vogel, Annalen, S. 175.

Bei der hartnäckigen Belagerung, welche der Churfürst Johann Friedrich im Januar des Jahres 1546 über das seinem Vetter Herzog Moritz gehörige Leipzig verhängte, hält Ersterer eines Tags auf dem später sogenannten Thonberge seine Mittagstafel. Da flog eine aus der Stadt abgeschossene Kanonenkugel gerade in die Schüssel hinein, er stand also auf und soll gesagt haben: hier ist übel essen.

Von selbiger Zeit ist das Vorwerk Uebelessen1) genannt worden.

Bei dieser Gelegenheit ist auch das Sprichwort: Leipzig liegt vor Leipzig2) entstanden, weil man sagte: der Churfürst habe die Stadt wohl erobern können, wenn seine Kriegsobersten ihre Schuldigkeit gethan hätten, von diesen hätten aber die meisten ihre Frauen und besseren Sachen in der Stadt gehabt, damit nun diese, wenn die Stadt mit stürmender Hand eingenommen würde, nicht zu Grunde gehen möchten, hätten sie die Stadt absichtlich verschont.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 373


1)
Auch in der Stadt Nossen giebt es eine Gasse, das Uebelessen genannt, von der eine ähnliche Begebenheit aus der Zeit des 30jährigen Krieges erzählt wird.
2)
Der Spruch hieß: Leipzig liegt außen und Leipzig liegt drinnen,
D’rum kann Leipzig Leipzig nicht gewinnen.
Daß Leipzig auch für Leipzig lag,
Das macht, daß Leipzig bleibet noch;
Wär Leipzig nicht vor Leipzig kommen,
So wär Leipzig wohl bald gewonnen.
Andere Sprüchwörter von Leipzig führt Schäfer, Wahrzeichen, Bd. I. S. 59 fgg. an.