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Die Kegelspieler zu Döbeln

  C. Mörbitz, Chronica Doebelensia. Leisnig 1727. 8. S. 44 sq.

Als der Stadt Döbeln an der Mulde nennt man zwei steinerne Köpfe, welche man aus dem zweiten Stock des ersten Hauses an der Stadtmauer zur rechten Hand des Oberthores, wenn man über die Brücke herein kommt, hervorragen sieht. Der eine von ihnen schaut mit dicken Backen und fröhlichem Gesicht über den Zwinger und die Mulde auf die Oberbrücke und lacht gleichsam das ihm entgegenkommende Volk an, der andere aber sieht innerhalb der Mauer und Stadt gegen Mittag im Winkel, ein wenig hinter dem Thorthurm mit seitwärts gebogenem betrübten, niedergedrückten Gesichte, und hat beide Hände auf dem Haupte, als wollte er darin kratzen oder sich die Haare ausraufen.

Die Entstehung dieses typ:Denkmals soll aber folgende sein. Zwei Brüder waren Erben zu diesem Hause und wurden eins, darüber zu loosen oder zu spielen, und zwar soll’s auf ein Kegelspiel angekommen sein, weil inwendig im Hause sich zwei Hände mit Kugeln präsentiren, auch Kegel an den Pfeilern im Hause sich befinden. Sie setzten aber auf ein Loos das ganze Haus, auf das andere aber ein ganz ledig Zeichen, da konnte es nun nicht anders treffen, es mußte der verspielende und ganz ledig ausgehende Theil betrübt werden und sich im Kopfe krauen, der andere als Gewinner war desto fröhlicher und soll dem Vorgeben nach zum Andenken solcher Begebenheit diese beiden Köpfe haben einmauern lassen. Das Haus ist ganz steinern und führt die Jahrzahl 1504.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 272