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Der Teufel im Beichtstuhle zu Oschatz

  S. L. S. Hoffmann, Hist. Beschreibung d. Stadt Oschatz. Oschatz 1813. Bd. I. S. 105.

Einst saß in der Klosterkirche (Marienkirche) zu Oschatz ein Mönch in dem Beichtstuhle, der durch den Kreuzgang in ein Gemach ging, wo sich die Beichtenden versammelt hatten, und sollte Beichte halten. Da erschien der Teufel bei ihm und bekannte so viele grobe Sünden, die er begangen oder vollbringen geholfen habe, daß der Mönch es für unmöglich erklärte, wie ein Mensch dies Alles gethan haben könne.

Nun entdeckte ihm der Teufel, wer er sey, und der Mönch fragte ihn, weshalb er denn überhaupt beichte, da er doch wissen müsse, daß er keine Gnade bei Gott finden könne? Der Satan aber antwortete, Alle, die vor ihm zur Beichte gegangen wären, hätten eben so schwarz und häßlich ausgesehen als er, und sobald sie die Absolution erhalten, wären sie schön und weiß gewesen, deswegen sei er hierher gekommen, um dieß auch zu werden. Der Mönch verweigerte ihm indeß die Absolution, worauf der Teufel in die Höhe fuhr und die Decke des Beichtstuhls mit fort nahm.

Zum Gedächtniß dieser Begebenheit hing man an dem Orte, wo dieser Vorfall sich ereignet haben soll, eine Tafel auf, auf der derselbe abgebildet war. Auf dieser standen die Worte: 1478 testibus historicis, renovirt den 22. Februar 1578.1)

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 226


1)
Eine ähnliche Geschichte, die in einer Stadt in Sachsen am Weihnachtsabend des Jahres 1534 einem Pfarrer, Namens Laurentius Doner, widerfahren sein soll, erzählt Hondorff, Promtuar. Ex. S. 94.