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Die Mordgrube zu Freiberg

  Moller a. a. O. Bd. II. S. 60. 
  Poetisch beh. bei Ziehnert Bd. I. S. 89 sq.

Als um die Mitte des 14. Jahrhunderts das Bergwerk zu Freiberg im höchsten Flor war, trug es sich zu, daß, indem es gewöhnlich war, daß an Feiertagen gewisse Zusammenkünfte und gemeine Tänze bei Zechenhäusern gehalten wurden, auch in einer sehr berühmten Bergzeche zwischen Berthelsdorf und Erbißdorf ein solcher öffentlicher Reigentanz gehalten ward (1360).

Da ist gerade ein katholischer Priester mit einer Monstranz vorübergegangen, um einen Kranken zu beichten, und der Glöckner hat nun zwar das gewöhnliche Zeichen mit dem Glöcklein gegeben, allein keiner der Tanzenden oder Zuschauer hat darauf geachtet, mit Ausnahme des Fiedlers, der zum Tanze aufspielte, welcher sich auf die Kniee niederließ, um dem heiligen Sacrament die Ehre zu erweisen.

Da hat sich alsbald die Erde aufgethan, und die ganze anwesende Gesellschaft lebendig verschlungen, mit Ausnahme des Fiedlers, der sich auf einem kleinen Hügel so lange erhielt, bis man ihm zu Hülfe kam: dann ist aber der Hügel auch eingesunken, also daß man weder Tänzer noch Tänzerinnen wieder gesehen hat.

Seit dieser Zeit hat sich aber an diesem Orte nie wieder irgend ein nützlicher Bau vornehmen lassen, man hat auch weder die Verfallenen, noch den Schmuck und das Geschmeide, so sie an und bei sich gehabt, wieder erlangen und retten können, denn ob man wohl oft geräumet und sonst viele Mühe deswegen angewendet, ist doch Alles, was man des Tages über bewältigt, des Nachts wieder eingegangen und hat daher diese Zeche noch bis heute den Namen Mordgrube behalten.

Vor Zeiten ist die ganze Geschichte zu Erbißdorf in der dasigen Kirche abgemalt gewesen und im Jahre 1490 hat man an der Stelle jenes Ereignisses noch ein gewaltig rundes Loch, so groß wie der halbe Markt zu Freiberg sehen können.

Quelle:Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 226