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Der Teufel holt einen verliebten Cleriker zu Freiberg

  Camerarius, Horae subcisivae. Cent. I. No. 70. 
  Moller, Bd. II. S. 19 sq.

Es hat sich zu Freiberg ein geistlicher Scholar auf der dasigen Klosterschule heftig in eine schöne Jungfrau verliebt und, weil er sie nicht zu seinem Willen verführen können, Rath und Hilfe bei einem Schwarzkünstler gesucht. Der hat ihn in einen Kreis gezogen und seine gewöhnlichen Beschwörungen angefangen, da denn der Teufel, der sich zu solchem Spotte nicht lange bitten läßt, geschwind in Gestalt der Jungfrau erschienen ist und sich also geberdet hat, daß der von brennender Liebe halb unsinnige Jüngling nicht anders vermeinet, als daß es seine Liebste sei.

Darum sprang er auf und reichte ihr aus dem Kreise heraus die Hand, aber zu seinem großen Unglück und Verderben, denn alsbald riß ihn der Teufel zu sich hin und warf ihn dermaßen gegen die Wand, daß er auf der Stelle todt blieb. Dabei hatte er aber auch den Schwarzkünstler nicht geschont, sondern er nahm den zerschmetterten Körper und warf ihn mit solcher Gewalt wider denselben in den Kreis hinein, daß derselbe davon erstarrt die ganze Nacht winselnd liegen blieb und am Morgen noch halb todt gefunden und nachmals zur gebührenden Strafe gezogen ward.

Solches geschah im Jahre des Herrn 1260.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 226