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Der Nonnenstein bei Weißig (Grässe)
Süsse a. a. O. S. 220. Lothar, Volksmärchen. Lpzg. 1820. S. 57. Poetisch beh. v. Nicolai a. a. O. S. 9. sq.
In der Nähe des Dorfes Weissig befindet sich gegen Abend der Bastei gegenüber der sogenannte Nonnenstein, der sich wie ein vierseitiger, mehrere Etagen hoher Thurm ohne Dach gerade in die Höhe erhebt und sich durch diese sonderbare Gestalt von allen übrigen Felsenhöhen unterscheidet. Er soll seinen Namen davon haben, daß da, wo oben auf seinem Gipfel eine Höhlung, einer Schale oder einer Schüssel ähnlich, anzutreffen ist, vor langen Jahren eine Nonne an einem ästigen angefällten Baume täglich diesen Felsen bestiegen und hier ihr Gebet verrichtet habe.
Noch 1691 soll ein alter Mönch ebendahin gewallfahrt sein, und das Volk erzählt sich nun, dieser und die Nonne seien ursprünglich ein Liebespaar gewesen, welches aber durch die Eifersucht des Jünglings getrennt worden sey, worauf Beide in zwei nahegelegene, nur durch die Elbe getrennte Klöster gegangen wären, und jeden Morgen habe nun die Nonne den nach ihr genannten Felsen bestiegen und sehnsüchtig nach einem andern gegenüberliegenden Felsen, den deshalb so genannten Mönchsstein geblickt, weil sie gewiß gewesen, dort ihren früheren Geliebten aus gleicher Ursache zu erblicken.
Von beiden Klöstern ist nur noch weniges Gestein übrig, aber noch zu Anfange dieses Jahrhunderts zeigte man die Zelle des Mönchs in den Ruinen.1)
Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874