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Die Musikanten und der Kaiser

Der Kaiser Barbarossa liebte die Musik sehr; mancher Hirt, der auf dem Kiffhäuser auf seiner Schalmei blies, wurde schon zu ihm eingeladen, um ihm etwas vorzublasen, und dann beschenkt. Dies war in der Gegend bekannt. Eine Gesellschaft Musikanten beschloß daher, dem Rothbart eine vollständige Nachtmusik zu bringen. Sie machten sich also in einer finstern Nacht auf, stiegen mit ihren Geigen, Schalmeien, Zimbeln und Hörnern den Berg hinan, und als unten in Tilleda die Glocke zwölf schlug, bließen sie los. Beim zweiten Tanze, den sie spielten, kam die Prinzessin (eine Tochter Friedrichs) mit Lichtern in der Hand auf sie zugetanzt und lud sie durch Geberden ein ihr zu folgen. Der Berg öffnet sich und die ganze Gesellschaft zieht spielend ein. Essen und Trinken wird reichlich aufgetischt und die Musikanten lassen sich's gut schmecken.

Dies war nun zwar ganz gut, aber sie wollten auch gern etwas von den Edelsteinen haben, die nur so herumlagen. Allein Niemand bietet ihnen etwas an. Nicht ganz zufrieden brechen sie endlich auf, als schon der Morgen graut, meinend, beim Abschiede werde es wohl ein Trinkgeld geben. Allein der Kaiser nickt ihnen nach großer Herren Art nur freundlich zu und seine erlauchte Tochter giebt jedem Musikanten einen grünen Busch. Ehrenhalber nimmt ihn Jeder an, als sie aber wieder im Freien sind, werfen sie die Büsche weg und schimpfen und lachen über solch ein kaiserliches Geschenk. Nur Einer behält den Busch, um ihn zum Andenken aufzuheben.

Als dieser nach Hause kommt und seinem Weibe den Busch aus Scherz überreicht, siehe, da hatten sich alle Blätter in goldene Zehnthalerstücke verwandelt, worüber er nicht wenig erfreut erschrack, es flugs seinen Kameraden sagte, ihre weggeworfenen Büsche wiederzuholen, aber Keiner fand einen solchen mehr.

Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 441