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Die Eule im Sasslebener Park

  Saßleben

In den Saßlebener Park ist immer zur Pflaumenzeit eine große, mächtige Eule gekommen. Als einst der Gärtner, dem immer viel Obst gestohlen wurde; im Park aufpasste, kam um die zwölfte Stunde die große Eule geflogen. Die Eule flog auch dorthin, wo der Gärtner lag. Dann setzte sie sich auf einen Pflaumenbaum und fing an zu schreien. Da nahm der Gärtner eine Bohnenstange und schlug nach der Eule, aber zu seinem Schrecken wurde die Eule immer grösser und grösser. In der Angst hieb er zum zweiten Male tüchtig nach ihr, aber wieder wurde die Eule größer und größer. Plötzlich verlor der Gärtner die Besinnung. So haben ihn die Leute am andern Morgen gefunden. Etliche Wochen darauf ist er gestorben.

Die Eule ist Niemand anders gewesen, als der frühere Besitzer des Schloßes, von dem man weiß, dass er nach seinem Tode umgehen und regelmäßig um die Zeit der Pflaumenreife des Nachts dort erscheinen muß, bis hundert Jahre um sind.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880