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Eine Hexengeschichte

  Edmund Veckenstedt, Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche

Zu einem Bauer in Saßleben sind einmal, als er allein zu Hause war, aus Koßwig drei Hexen gekommen. Es war gerade der erste Mai um die Mittagszeit. Sie fragten zuerst nach Speck, dann nach Geld. Der Alte sagte, dass er weder Speck noch Geld habe. Da fragten die Hexen, ob er nicht ein wenig Brot habe, worauf er sagte: „Ja, das kann ich euch geben!„ Darauf stand er auf, um das Brot zu holen.

Allein kaum war er in der Mitte der Stube, so gingen die Hexen dreimal um ihn herum und bezauberten ihn, so dass er weder sprechen, noch sonst was machen konnte. Er musste auf demselben Fleck still stehen bleiben. Darauf trieben die Hexen noch allerhand Unfug mit ihm und nahmen von allem, was im Hause war, so viel, wie ihnen beliebte. Als sie fortgehen wollten, sahen sie unter dem Kamin eine Gans brüten. Sie hoben die Gans vom Nest, besprachen die Eier und setzten den alten Bauern darauf.

Dann machten sie die Stube und die Haustüre fest zu, legten einen Besen vor die Türschwelle und flogen davon. Als am Abend die Frau nach Hause kam, merkte sie, dass im Hause irgendetwas nicht stimmte, denn es war eine ungewöhnliche Stille im Haus. Schnell eilte die Bäuerin durch das Haus, sah ihren Mann auf dem Nest sitzen und fragte ihn: „Was machst du denn da?“

In dem Augenblick wich der Bann von ihrem Mann, denn die Frau hatte ihn ja angeredet. Jetzt konnte er wieder aufstehen und sprechen. Er erzählte der Frau, was sich zu getragen hatte. Merkwürdigerweise war von Eiern, auf welchen er gesessen hatte, nicht ein einziges kaputt gegangen.

Quelle: Günter Kalliske, Die Calauer Schweiz, REGIA-CO-WORK, 2019