Durchs Gespenstertor

Kam ich des Abends spät von den Nöthener Tannen herunter.
Dort, wo der Weg sich krümmt.
Vorbei an den Gärten des Berghangs
Und die Pforte sich zeigt
In dem hohen dunklen Gemäuer,
Fest gefügt vor langer Zeit,
Zu schirmen des Städtleins Frieden;
Und ich hemmte den Schritt wie gebannt
Von dem nächtlichen Anblick.

Wehrhaft, die trutzige Stirne mit kantiger Haube bedecket,
Steht ein Koloss,
Mit des Raubtiers funkelnden Augen erspähend,
Was sich naht aus dem Dunkel der Nacht.
Einem Unhold vergleichbar,
Schnaubend die Nüstern gebläht,
und um den feurigen Rachen
Struppig den Schnauzbart gewunden,
Reckt’s triefend von Geifer
Grausig die langen Arme
Zu beiden Seiten des Weges,
Droht zu verschlingen den Wagen
Und seinen schlafenden Lenker.

Halt! Will ich rufen…
Da dröhnt schon das holprige Pflaster der Straße
Von dem Hufschlag der Rosse
Und kündet die glückliche Durchfahrt.

Quelle: Anton Krahforst, Kunsterzieher am St. Michael Gymnasium, Eifelvereinsblatt, Februar 1911, Seite 34/35; Sophie Lange. Im Dunkel der Nacht, 2001 Seite 19; www.sophie-lange.de