Die Trinker

In einem Dorfe gingen die Bauern Sonntags nicht in die Kirche, sondern in die Schenke und »soffen«. Das hörte der Fritz und ging auch in die Schenke. Da sassen viele Bauern und der König setzte sich in eine Ecke mitten unter sie.

So schenkten sich die Bauern Branntwein ein und das Glas »ging herum«1). Und wie es an den König kam, so schob er es zurück und sprach: »Ich habe kein Geld, mag's so 'rumgaien«2), zurück. Dann liessen sich die Bauern wieder einschenken und tranken von Neuem. Und das Glas kam wiederum an den König und er schob es abermals zurück und sprach: »Mag's so 'rumgaien, zurück«. Und so geschah es vier, fünfmal, bis die Kirche fast vorbei war.

Da gab der König dem Nächsten mit der Rechten einen Backenstreich und sprach: »Mag's so 'rumgaien« und einer gab ihm den anderen weiter und der Backenstreich ging herum. Und wie sie damit fertig waren, gab der König mit der Linken einen Backenstreich und sprach: »Mag's so 'rumgaien« und so mussten sie sich die Backenstreiche zurückgeben. Darnach schlug der König den Mantel zurück und zeigte seinen Stern.

Am anderen Sonntag gingen sie fein säuberlich nach Kirche.

Quelle: Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 8-9.


1)
Es steht ein Gläschen und ein Fläschchen mit Schnaps auf dem Tische und nun wird der Reihe nach getrunken, indem einer dem andern Glas und Flasche weiter giebt
2)
Herumgehen, wie z.B. wendisch-deutsch: poraien-kommen